Interkommunale Qualifizierung zum Handlungsfeld Sichtbarkeit und Kommunikation

Aus dem Arbeitskreis ins Rampenlicht

Ausgewählte Forschungsergebnisse zum Handlungsfeld Sichtbarkeit und Kommunikation

Warum überhaupt Öffentlichkeitsarbeit?

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist entscheidend für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Viele engagierte Akteurinnen und Akteure schaffen in ihren Kommunen stetig neue, sinnvolle BNE-Angebote und -Strukturen. Doch das alleine reicht nicht aus: BNE-Angebote und -Prozesse müssen auch für alle sichtbar sein, um zu wirken! 

Dies ist eine der Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der quantitativen und qualitativen Befragungen im Rahmen des Projektes Bildung – Nachhaltigkeit – Kommune: BNE-Kompetenzzentrum für Prozessbegleitung und Prozessevaluation. Die Sichtbarmachung von BNE-Angeboten und Prozessen ist zunächst eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass diese wahrgenommen werden und an ihnen teilgenommen werden kann.

Beitrag zur strukturellen Verankerung

In den Befragungen zeigte sich zur strukturellen Verankerung von BNE in der Kommune folgendes:

  • Möchte man BNE nachhaltig in der Kommune verankern, so schätzt man es in der Mehrheit der 48 Kommunen, in denen Expertinnen und Experten quantitativ befragt wurden, für sehr wichtig (60%) bzw. eher wichtig (33 %) ein, eine hohe Sichtbarkeit von BNE-Angeboten und -Prozessen herzustellen und einen hohen Informationsfluss zu gewährleisten. Auch in den qualitativen Analysen 15 ausgewählter Kommunen bestätigt sich die Einschätzung, dass Öffentlichkeitsarbeit zur strukturellen Verankerung von BNE beiträgt. Öffentlichkeitsarbeit ist also nach Expertenmeinung entscheidend für die Verankerung von BNE. 
     
  • Laut Einschätzungen der befragten Expertinnen und Experten ist es wichtig, BNE in der kommunalen Bildungslandschaft mithilfe verschiedener Kommunikationsprozesse sichtbar zu machen. Dies gilt für den gesamten Prozess der strukturellen Verankerung hinweg. Öffentlichkeitsarbeit wird also nicht erst dann wichtig, wenn die BNE-Prozesse schon in vollem Gange sind – durch die frühe Sichtbarkeit von BNE-Bestrebungen können bereits zu Beginn des Prozesses weitere Mitstreiter:innen gefunden werden.

Mögliche weitere positive Effekte

Die Sichtbarmachung von BNE-Angeboten und Prozessen kann auch weitere positive Effekte haben. In den qualitativen Befragungen zeigte sich folgendes:

  • Durch viele Formate der Öffentlichkeitsarbeit wird laut Einschätzungen von Expert:innen inhaltliches Wissen über BNE verbreitet – sowohl in der Bevölkerung, als auch bei den Personen, die die Öffentlichkeitsarbeit durchführen.
  • Insbesondere interaktive Formate der Öffentlichkeitsarbeit (Vgl. Handlungsfeld Sichtbarkeit und Kommunikation) können die Akzeptanz von BNE-Prozessen bei der Bevölkerung steigern und mit einer höheren Mitmachbereitschaft an diesen einher gehen. 
  • Zudem können interaktive Formate durch die Möglichkeit der Vernetzung dazu führen, dass neue Kooperationspartner:innen für BNE-Prozesse gewonnen werden, oder bestehende Kooperationen enger werden. 
  • Laut einigen interviewten Expertinnen und Experten führt Öffentlichkeitsarbeit auch innerhalb der Kommunalverwaltung dazu, dass sich bisher nicht im BNE-Prozess involvierte Menschen stärker beteiligen. Ein:e Verwaltungsakteur:in aus dem Schulamt einer der befragten Kommunen berichtet beispielsweise:

"Tatsächlich sind jetzt auch Kolleginnen und Kollegen auf mich zugekommen und haben gesagt, sie wollen BNE in der Jugendhilfe verankern. Und die sind auf die Idee gekommen, weil sie die Illumination [des Landratsamtes zum Thema nachhaltige Entwicklung in Zusammenarbeit mit einer Kunsthochschule] gesehen haben. Und da haben die erkannt, dass das auch ein Thema für ihre Arbeit ist."

  • Bei Personen, die BNE-Öffentlichkeitsarbeit ausführten, zeigten sich noch weitere positive Auswirkungen, beispielsweise eine gesteigerte Motivation und ein höheres Planungswissen bezüglich der Umsetzung von BNE-Prozessen. 
  • Die gesteigerte Nachvollziehbarkeit von BNE-Prozessen für die Bevölkerung hat ebenso mehrere Effekte: Zum einen können die gut sichtbaren Erfolge der BNE-Arbeit der Legitimation der Arbeit der Kommunalverwaltung dienen. Zum anderen ermöglicht dieses Wissen der Zivilgesellschaft, die Verwaltungen bei der Umsetzung von BNE-Prozessen in die Verantwortung zu nehmen.
  • Eine höhere Sichtbarkeit kann zudem zu einer Finanzierung weiterer BNE-Projekte führen; es können z.B. Stiftungen auf unterstützenswerte BNE-Bemühungen aufmerksam werden. Von manchen Akteurinnen und Akteuren der Kommunalverwaltung wurde es bei der Einwerbung weiterer BNE-Fördermittel als hilfreich eingeschätzt, wenn vergangene BNE-Erfolge öffentlich bekannt sind.

Mögliche positive Effekte guter kommunaler Öffentlichkeitsarbeit zu BNE zusammengefasst:

Bezüglich der Adressat:innenFür Umsetzende
WissensgewinneErfahrungs- und Wissensgewinne
Höhere Akzeptanz Legitimation der eigenen BNE-Arbeit
VernetzungGewinnung neuer Kooperationspartner:innen und Finanzierungsquellen
Höhere MitmachbereitschaftHöhere Motivation

Was kann noch verbessert werden?

Doch was bedeutet „gute Öffentlichkeitsarbeit“? Die Meinungen dazu sind divers. 

Wünsche an die kommunale BNE-Öffentlichkeitsarbeit

In den qualitativen Befragungen ließen sich fünf zentrale Wünsche von Akteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft sowie der formalen und non-formalen Bildung an die BNE-Öffentlichkeitsarbeit von Kommunalverwaltungen identifizieren:

Zielgruppenorientierte Kommunikation 

Manche Formate der Öffentlichkeitsarbeit erreichen ihre Zielgruppen nicht effektiv oder die Inhalte sind für diese schwer verständlich. Zudem werden einige Formate der Öffentlichkeitsarbeit nur von wenigen kommunalen Akteurinnen und Akteuren aktiv genutzt, obwohl diese für ein breites Zielpublikum ansprechend wären. So gab etwa nur in 8 der 48 Kommunen die Mehrheit der quantitativ Befragten an, dass in ihrer Kommune BNE mittels sozialer Medien sichtbar gemacht wurde. Lediglich in 12 der Kommunen berichtete die Mehrheit der Befragten davon, dass Auszeichnungen zur Sichtbarmachung von BNE genutzt werden. Daher ist es zu empfehlen planvoll vorzugehen, Zielgruppen genau zu analysieren und die Öffentlichkeitsarbeit so zu gestalten, dass sie die Menschen erreicht. 

Transparenz und Austausch

Die transparente Gestaltung von BNE-Prozessen und die Möglichkeit zum Austausch zu diesen ist in nahezu allen Kommunen ein Kernwunsch der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure. Öffentlichkeitsarbeit ist also nicht nur in der Theorie nützlich, sie wird auch stark nachgefragt! Dabei wird oft betont, dass die Kommunalverwaltung eine sehr wichtige Rolle bei der Schaffung von Transparenz in BNE-Prozessen innehat.

Kontinuierlich anstatt sporadisch

Anstatt unregelmäßiger Öffentlichkeitsarbeit wird eine dauerhafte und langfristige Herangehensweise gefordert. Ein:e Volkshochschulakteur:in beschreibt beispielsweise:

"Und dann ist es oft so, dass ein Stadtteilzentrum hingestellt wird, und dann kommt drei Tage die Woche eine Halbzeitkraft, und der ganze Rest soll von selber laufen. Das tut´s aber nicht, weil ein Bürgerbüro, was nie aufhat, wird in der Gesellschaft nur als zu wahrgenommen und als wenig effektiv und so. Und das sind wirkliche Mankos. Also nicht das Formale und Physische, sondern das Kontinuierliche." 

Nach Einschätzung mancher Expert:innen dauert es zudem lange, bis die Wichtigkeit von BNE in der öffentlichen Wahrnehmung ankommt. 

Handlungsmöglichkeiten bieten

Öffentlichkeitsarbeit, die nicht nur darauf abzielt Problembewusstsein zu schaffen, sondern auch konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, wird als effektiver wahrgenommen. 

Nicht nur Imagepflege, sondern echtes Handeln

Von Akteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft wird zudem appelliert, dass Öffentlichkeitsarbeit nicht allein zur Verbesserung des kommunalen Images eingesetzt werden darf. Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig, sollte jedoch auch stets mit tatsächlichem Handeln und konkreten Maßnahmen im Bereich BNE einhergehen. 

Herausforderungen für die Kommunalverwaltungen

Innerhalb der Kommunalverwaltungen ließen sich drei zentrale Herausforderungen in Bezug auf die Umsetzung von BNE-Öffentlichkeitsarbeit aus den Antworten der Befragten ableiten. Möchte man mehr Sichtbarkeit, so lohnt es sich, folgendes anzugehen:

Zeit und Finanzierung: 

Ein häufiges Hindernis ist, dass ein zu geringer Stundenanteil für Öffentlichkeitsarbeit eingeplant wird. Hierzu ein:e Akteur:in aus einer Kommunalverwaltung:

"Zeit ist, glaub ich, das engste Budget. Also dadurch, dass wir natürlich immer mehr Zusatzaufgaben noch dazubekommen, müssen wir einfach entscheiden, was wegfällt."

Öffentlichkeitsarbeit sollte von Anfang an fest in BNE-Prozessen eingeplant und entsprechende Mittel bereitgestellt werden. Idealerweise werden hierfür die verstetigten Strukturen und Kanäle der kommunalen Verwaltung genutzt (z. B. Presseamt).

Unkonkrete Zielsetzungen: 

Ein weiteres Problem sind teils unklare oder vage Zielsetzungen in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit. Um dem entgegenzuwirken, sollte eine präzise und strukturierte Kommunikationsplanung erfolgen. Eine gut durchdachte Strategie hilft dabei, konkrete Ziele zu setzen und den Erfolg der Öffentlichkeitsarbeit zu messen.

Unklare Verantwortlichkeiten: 

In manchen Kommunen herrscht Unklarheit darüber, wer für die Öffentlichkeitsarbeit zu BNE verantwortlich ist. Es ist wichtig, Verantwortlichkeiten klar zu definieren, um eine Umsetzung sicherzustellen.

Und jetzt?

An diesen Forschungserkenntnissen kann angesetzt werden.

Hinweise und Handlungsempfehlungen aus der Forschung

1. Betreiben Sie Öffentlichkeitsarbeit.

Wenn Sie…

  • BNE stärker in Ihrer kommunalen Bildungslandschaft verankern,
  • das Engagement zu BNE in Ihrer Gemeinschaft verbessern,
  • und damit die Ziele der nachhaltigen Entwicklung wirksam vorantreiben wollen

…dann lohnt sich Öffentlichkeitsarbeit zu Ihren kommunalen BNE-Angeboten und -Prozessen! 

Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, bedeutet immer auch…

  • Zeit und Mittel für Öffentlichkeitsarbeit einzuplanen, 
  • Personalressourcen bereit zu stellen 
  • und feste Verantwortlichkeiten zu definieren.

Öffentlichkeitsarbeit sollte als fundamentaler Teil von BNE verstanden werden. Die Sichtbarkeit von BNE-Angeboten und -Prozessen schafft überhaupt erst die Voraussetzung von sinnhafter Partizipation von Bürger:innen im BNE-Prozess.

2. Betreiben Sie Öffentlichkeitsarbeit gekonnt.

Frühzeitig. Es ist wichtig, nicht erst nach abgeschlossener Umsetzung von BNE-Prozessen in der Kommune zu diesen zu kommunizieren. Themenanregungen für BNE-Öffentlichkeitsarbeit finden Sie beispielsweise im Praxishandbuch. Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Kommune gestalten (Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum 2023, S. 100).

Kontinuierlich. Beharrlichkeit zahlt sich aus - durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit lassen sich langfristig größere Erfolge erzielen.

Geplant. Handeln Sie strategisch und planvoll. 

Handlungsorientiert. Es bietet sich an, nicht nur zu sensibilisieren, sondern auch handlungsorientierte Lösungsansätze zu bieten. Lassen Sie sich dabei von den vielfältigen Praxisbeispielen auf der Website (mit Filterfunktion - Suchbegriff: Sichtbarkeit und Kommunikation) des BNE-Kompetenzzentrums inspirieren!

Interaktiv. Wenn nicht nur die Weitergabe von Information das Ziel einer Öffentlichkeitsarbeitsmaßnahme ist, kann es sinnvoll sein, auf interaktive Formate der Öffentlichkeitsarbeit setzen, da diese noch weitere positive Effekte haben können. Beispiele für Maßnahmen der BNE-Kommunikation und Öffentlichkeit finden Sie im Praxishandbuch (Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum 2023, S. 102).

Verhältnismäßig. Der Wunsch nach Transparenz der lokalen Akteurinnen und Akteur ist oft groß. Die Öffentlichkeitsarbeit zu den stattfindenden BNE-Prozessen sollte also auf keinen Fall vernachlässigt werden. Dabei ist es wichtig, das für Ihre Kommune passende Verhältnis zwischen Öffentlichkeitsarbeit und anderen BNE-Bemühungen zu finden – Öffentlichkeitsarbeit ist zwar sehr wichtig, aber auch nur dann sinnvoll, wenn auch wirklich etwas passiert.

Weiterführende Literatur

Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum (2023): Praxishandbuch. Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Kommune gestalten. München

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (Hrsg.) (2021): Öffentlichkeitsar­beit im datenbasierten kommunalen Bildungsmanagement: strate­gisch und zielgruppenorientiert. Berlin https://www.transferagentur-grossstaedte.de/sites/default/files/211216_td_kommunikation_web.pdf

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (Hrsg.) (o. J.): Toolkit IV zum kom­munalen Bildungsmanagement. Zielgruppenorientierte Anspra­che und Pressearbeit im kommunalen Bildungsmarketing. Berlin https://www.transferagentur-nord-ost.de/sites/default/files/tano_toolkit_iv_web.pdf

Umweltbundesamt (Hrsg.) (2021): Überblickspapier zu möglichen For­maten, um Kommunen die Agenda 2030 (SDGs) zu kommunizieren und zu aktivieren. Dessau-Roßlau https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/ueberblickspapier-zu-moeglichen-formaten-um


| Pauline Häßler