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BNE in die kommunale Nachhaltigkeitsstrategie einbinden

Handlungsspielräume und Praxisbeispiele

BNE als Element kommunaler Nachhaltigkeitsstrategien

Kommunale Nachhaltigkeitsstrategien sind umfassende Pläne und Maßnahmen, die von Städten, Landkreisen und Gemeinden entwickelt werden, um ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene zu fördern. Diese Strategien zielen darauf ab, die Lebensqualität der Bürger:innen zu verbessern, Ressourcen effizient zu nutzen und die Umwelt zu schützen. Nachhaltigkeitsstrategien beinhalten dabei im Gegensatz bspw. zu kommunalen Leitbildern stets konkrete Ziele sowie einzelne Schritte zur Verankerung von BNE bzw. Nachhaltigkeit in Kommunen. Sie können somit als ein präziser mittel- oder längerfristiger Plan von Handlungen, mit denen die Kommune ein gesetztes Ziel verwirklichen möchte, verstanden werden und somit auch als Legitimationsgrundlage für BNE bzw. nachhaltiges Handeln in Kommunen verstanden werden. (vgl. Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum 2023, S.24 ff.). 

Der vorliegende Text ergänzt dabei sowohl die Ausführungen zum Handlungsfeld „Strategie und Ziele“ im Praxishandbuch Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Kommune gestalten als auch den Text „Zum gemeinsamen BNE-Verständnis in Verwaltung und Kommune“, der Forschungsergebnisse aus der Prozessevaluation zur Bedeutung und Umsetzung eines gemeinsamen BNE-Verständnisses in Kommunen thematisiert. 

Darüber hinaus werden kommunale Strategien als bedeutsam für die Umsetzung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie angesehen.  

"Den Ländern und Kommunen kommt bei der Umsetzung der deutschen Nachhaltigkeitsziele und der Agenda 2030 eine entscheidende Rolle zu. […] Die Bundesregierung unterstützt Kommunen bei der Formulierung von kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien, der Umstellung ihres Beschaffungswesens auf nachhaltig produzierte Güter sowie der Initiierung von kommunalen Partnerschaften […]."

Die Bundesregierung 2016, S. 41 f.

Bezugsrahmen für kommunale Nachhaltigkeitsstrategien, wie sie beispielsweise im Rahmen des Programmes "Global Nachhaltige Kommune" der "Servicestelle Kommunen in der Einen Welt" (SKEW) von Kommunen entwickelt werden, ist die Agenda 2030 mit den 17 "Sustainable Development Goals". Typische Bestandteile kommunaler Nachhaltigkeitsstrategien können aus dem Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes (bspw. Maßnahmen zur Reduzierung von CO2-Emissionen), der Klimaanpassung, der sozialen Gerechtigkeit (bspw. in der Quartiersarbeit), der Mobilität und dem Verkehr (bspw. Entwicklung nachhaltiger Verkehrskonzepte), der Bürgerbeteiligung und dem Bildungsbereich sein. Letzterer soll im Blickpunkt dieses Textes stehen. Es wird der Frage nachgegangen, wie BNE in eine kommunale Nachhaltigkeitsstrategie eingebunden werden kann.

Grundsätzlich soll die Umsetzung einer solchen Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur die kommunale Nachhaltigkeitsbilanz verbessern, sondern auch die Lebensqualität der Bürger:innen steigern und grundsätzlich die Zukunftsfähigkeit der Kommune sicherstellen. 

Dass Bildung für nachhaltige Entwicklung ein wichtiger Baustein für die erfolgreiche Umsetzung einer kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie ist, stellt die Grundannahme der weiteren Ausführungen dar. Zugleich sind Nachhaltigkeitsstrategien eine (weitere) Möglichkeit BNE in der Verwaltung strategisch zu platzieren. Praxisbeispiele sollen dies unterfüttern.

Die Einbindung von BNE in eine kommunale Nachhaltigkeitsstrategie ist insbesondere dann erfolgsversprechend, wenn BNE (auch) als ein strategischer Ansatz verstanden wird, der Nachhaltigkeit fest in der kommunalen Entwicklung verankert und das Werkzeug ist, um Nachhaltigkeit zu vermitteln sowie eine nachhaltigere Zukunft auf möglichst vielen kommunalen Tätigkeitsfeldern aufzuzeigen (vgl. KOSMO-Themenseite "BNE als Thema des kommunalen Bildungsmonitoring"). Dieser Gedanke ist dabei keineswegs neu, bereits 2014 verabschiedeten die Bürgermeister:innen der damaligen sog. „Dekade-Kommunen“ ein Positionspapier, in dem die Bedeutung von BNE im Kontext der kommunalen Strategieentwicklung hervorgehoben wird. (Deutsche UNESCO-Kommission 2014, S.7)

Strategien im Kontext von Nachhaltigkeit und BNE können mit ihrem mittel- oder längerfristigen Zeithorizont als präzises Instrument verstanden werden, um kommunale Zielsetzungen umzusetzen. Ihr Markenzeichen sind dabei konkrete und umsetzbare Zielsetzungen sowie zumindest erste geplante Handlungsschritte zur jeweiligen Umsetzung. Sie bauen dabei idealerweise auf existierenden kommunalen Leitbildern und einem gemeinsamen Verständnis von Nachhaltigkeit bzw. BNE auf (vgl. Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum 2023, S. 22/23 ff.)

Praxisbeispiele zur Einbindung von BNE in Nachhaltigkeitsstrategien

BNE ist ein zentraler Baustein erfolgreicher kommunaler Nachhaltigkeitsstrategien, da sie die Entwicklung von Kompetenzen bei Bürger:innen, Lernenden,  Unternehmen und nicht zuletzt der Verwaltung selbst fördert, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen und zugleich für deren Bedeutung sensibilisiert zu werden. Somit könnte BNE eine wichtige Grundlage sein, damit aus einer Nachhaltigkeitsstrategie tatsächlich abgestimmtes und strategisch geplantes nachhaltiges Handeln wird. 

BNE schafft dadurch einen Mehrwert für die Kommune, der wiederum auf andere Teilbereiche wie bspw. die kommunale Standortattraktivität und Fachkräftesicherung Einfluss hat.

„Die strategische Ausrichtung der Kommune auf Nachhaltigkeit und auf BNE als ‚Werkzeug‘ für mehr Nachhaltigkeit kann eine Stadt, einen Landkreis oder eine Region in wirtschaftlicher Hinsicht attraktiver machen und so einen Standortfaktor darstellen.“ 

Schütze 2024, S.2

Darüber hinaus können durch die Integration von BNE in eine kommunale Nachhaltigkeitsstrategie Kommunen nicht nur das Wissen und das Bewusstsein ihrer Bürger:innen fördern, sondern in gemeinsamen Partizipationsprozessen auch eine aktive Beteiligung an der nachhaltigen Gestaltung kommunaler Zukunftsaufgaben ermöglichen . 

Das folgende Praxisbeispiel von Neustadt an der Weinstraße zeigt einen ersten Ansatz, mit welchem Grundverständnis und Umfang BNE in die Nachhaltigkeitsstrategien eingebunden werden kann.

Neustadt an der Weinstraße 

"BNE als Motor der sozialökologischen Transformation“ und Teil der Nachhaltigkeitsstrategie 

"Ziel ist die Sensibilisierung und Kompetenzentwicklung für eine zukunftsorientierte, nachhaltige Lebensführung aller Bürgerinnen und Bürger. Durch die Koordination der Schnittstellen von BNE-Maßnahmen und Nachhaltigkeitsthemen fungiert BNE als Motor der sozialökologischen Transformation." Neustadt an der Weinstraße 2022, S.10

In der kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie wurden in Neustadt insgesamt sechs Handlungsfelder erarbeitet, in denen eine nachhaltige kommunale Entwicklung angestrebt wird:

  • Handlungsfeld 1 Gesellschaftliche Teilhabe und Bildung für alle
  • Handlungsfeld 2 Nachhaltige Stadt- und Gewerbeentwicklung
  • Handlungsfeld 3 Globale Verantwortung und nachhaltiger Konsum
  • Handlungsfeld 4 Nachhaltige Mobilität
  • Handlungsfeld 5 Klimaschutz
  • Handlungsfeld 6 Natur und Umwelt

Dabei werden alle Handlungsfelder und Zielplanungen konkret einem SDG zugeordnet und auch konkrete messbare Zielvorstellungen implementiert. BNE ist dabei Teil der Strategie: einerseits als partizipativer Ansatz zur Beteiligung der Bürger:innen, als Gestaltungsansatz für Lernorte, aber auch als Thema beispielsweise bei Bildungsangeboten der Volkshochschule. Insgesamt zeigt dabei das Praxisbeispiel Neustadt an der Weinstraße, dass BNE integrativ in eine Nachhaltigkeitsstrategie eingebunden werden und zugleich Motor der Umsetzung sein kann. Ich möchte dies an einem Beispiel zum Handlungsfeld 1 „Gesellschaftliche Teilhabe und Bildung für alle“ verdeutlichen. Als Leitlinie für dieses Handlungsfeld wird Folgendes unter Bezug auf die SDG festgehalten:

 „Alle Menschen in Neustadt an der Weinstraße haben trotz unterschiedlicher Ausgangssituationen die Möglichkeit, ein gesundheitsbewusstes Leben ohne Armut, mit bezahlbarem Wohnraum und niedrigschwelligem Zugang zu Teilhabe und Bildung zu führen.“ Neustadt an der Weinstraße 2022, S.19

Zur Umsetzung dieser Leitlinie wurden sowohl strategische als auch operative Ziele formuliert, wobei BNE bspw. als strategisches Ziel 1.4. wie folgt integriert wird: 

„Neustadt stimmt fortlaufend schulische, außerschulische und Weiterbildungsangebote mit dem Gesamtkonzept der BNE ab. Es wird das Bewusstsein und die Notwendigkeit der BNE bei der Bevölkerung geschaffen.“ Neustadt an der Weinstraße 2022, S.20

Dieses strategische Ziel wird anschließend mit Blick auf Ziele der Agenda 2030, der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Rheinland-Pfalz und weiteren kommunalen Initiativen und Programmen operationalisiert. Insgesamt zeigt sich an diesem Praxisbeispiel eine Möglichkeit BNE zu einem integrativen Teil der kommunalen Strategieentwicklung und somit auch der Stadtentwicklung werden zu lassen.

Nachhaltigkeitsstrategie 2030 Neustadt an der Weinstraße

Ein weiteres Praxisbeispiel aus dem Landkreis Euskirchen verdeutlicht zwei Aspekte, die für die Entwicklung einer kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie und für die Einbindung von BNE bedeutsam sind. Zunächst zeigt das Praxisbeispiel, wie eine solche Strategie in einem komplexen partizipativen Prozess entstehen kann. Darüber hinaus zeigt es eine Möglichkeit auf, wie Nachhaltigkeitsziele, die mit konkreten messbaren Kennzahlen hinterlegt sind, zumindest teilweise messbar und überprüfbar werden.

Kreis Euskirchen

Komplexe Strategieentwicklung und messbare Kennzahlen 

 „In den zurückliegenden 1,5 Jahren hat der Kreis Euskirchen in einem intensiven Arbeitsprozess unter Beteiligung verschiedener Vertretungen aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet. Das Kernstück der Nachhaltigkeitsstrategie – das Handlungsprogramm – zeigt Leitlinien, Ziele sowie Maßnahmen einer nachhaltigen Entwicklung des Kreises auf und dient als Orientierungsrahmen für die Umsetzung einer nachhaltigen Kreisentwicklung. Da die Schaffung nachhaltiger Strukturen nur als Gemeinschaftsaufgabe bewältigt werden kann, adressiert das Handlungsprogramm neben der Kreisverwaltung explizit auch die kreisangehörigen Kommunen sowie die zahlreichen Unternehmen, Verbände und weiteren Akteure.“ Kreis Euskirchen 2021, S.34

Die Nachhaltigkeitsstrategie des Landkreises Euskirchen basiert wie in Neustadt an der Weinstraße auf einer Zusammenarbeit mit der SKEW im Rahmen des Projektes „Global Nachhaltige Kommune NRW“ und weist damit eine ähnliche Struktur auf. Neben einer umfangreichen Bestandsaufnahme des kommunalen Ist-Zustandes steht dabei die Identifizierung von Handlungsfeldern und die Erarbeitung eines konkreten Handlungsprogramms im Vordergrund. Dabei wurde ein partizipativer Ansatz gewählt, der breite Gruppen aus Zivilgesellschaft und Bürger:innen beteiligte.  Die hierbei bearbeiteten Themenfelder sind: 

  • Themenfeld 1 · Gute Arbeit & Nachhaltiges Wirtschaften
  • Themenfeld 2 · Nachhaltige Mobilität
  • Themenfeld 3 · Ressourcenschutz & Klimafolgenanpassung
  • Themenfeld 4 · Wohnen & Nachhaltige Quartiere
  • Themenfeld 5 · Globale Verantwortung & Eine Welt

BNE als Inhalt der Nachhaltigkeitsstrategie ist dabei vor allem dem "Themenfeld 5 Globale Verantwortung & Eine Welt“" zugeordnet und beinhaltet u.a. klassische kommunale BNE-Themen wie die Schaffung einer transparenten Anbieterstruktur für BNE im Landkreis, die Vernetzung und Zusammenarbeit mit regionalen BNE-Akteuren oder das Ziel, eine konkrete Anzahl von BNE-Angeboten zu schaffen. Kommunale BNE wird somit Teil strategischer Nachhaltigkeitsziele und zugleich messbarer Teil einer Nachhaltigkeitsberichterstattung, die aufzeigt, ob und in welchem Maße Ziele und Strategie umgesetzt wurden. Somit ist die Nachhaltigkeitsstrategie in sich und in möglichen Wirkungen transparent, was unmittelbar anknüpft an den partizipativen Ansatz in der Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie.

Nachhaltigkeitsstrategie Landkreis Euskirchen

Landkreis Marburg-Biedenkopf 

Landesstrategie zu BNE in der Nachhaltigkeitsstrategie

Ein drittes Praxisbeispiel zeigt die Verknüpfungsmöglichkeiten der Nachhaltigkeitsstrategie einer Kommune mit Landesstrategien im Bereich der Nachhaltigkeit und BNE und wie dies dazu beiträgt, dass kommunale BNE an Bedeutung für eine Kommune gewinnt, die sich bisher nicht systematisch mit kommunaler BNE befasst hat. Die Nachhaltigkeitsstrategie ist dabei genauso wie im Kreis Euskirchen und in Neustadt an der Weinstraße im Rahmen der Initiativen zur „Global nachhaltigen Kommune“ entstanden. Der wesentliche Unterschied ist dabei die enge Verzahnung von Landesinitiativen im Bereich der Klimabildung wie den  „Klimabildungslandschaften“ und der Nachhaltigkeitsstrategie. Zunächst wird dabei folgerichtig im Handlungsfeld 1 "Klimaschutz und Energie" der Nachhaltigkeitsstrategie Klimabildung als ein zentraler Aspekt benannt: 

"Die Mehrheit der Menschen im Landkreis Marburg-Biedenkopf leistet einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Dies betrifft das Ernährungs- und Konsumverhalten, das Mobilitätsverhalten, die Freizeitgestaltung etc. Im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung hat sich die Klima- und Umweltbildung in unterschiedlichen Formen institutionalisiert. Auch die Öffentlichkeitsarbeit trägt erfolgreich dazu bei." Landkreis Marburg-Biedenkopf 2023, S.34

Daraus abgeleitet wird das operative Ziel, dass „der Landkreis […] aktiv die Klimabildung [fördert]. Es wird ein Bildungsprogramm für Multiplikator:innen entwickelt, sodass diese die Informationen in die entsprechenden Einrichtungen weitergeben können. Dazu zählt auch eine finanzielle Förderung in kleinem Umfang“ (Nachhaltigkeitsstrategie Landkreis Marburg-Biedenkopf. S.34) 

Neben dem Ausbau entsprechender Bildungsangebote, werden ausdrücklich auch zivilgesellschaftliche Aspekte integriert (bspw. in Form von Bürger:innenbudgets für Klimaschutz) und eine ausgebaute Zusammenarbeit mit der lokalen Klimabildungslandschaft der Region Marburg als operative Ziele benannt. Somit wird landespolitische Initiative in Form der Förderung regionaler Klimabildungslandschaften in eine konkrete kommunale BNE und Nachhaltigkeitsstrategie überführt. Bedeutsam ist auch, dass im Wesentlichen das „Team Klimaschutz“ in der Landkreisverwaltung für die Umsetzung zuständig ist und das existierende Bildungsbüro dabei zumindest zunächst nicht beteiligt ist. Damit wird eine durchaus erfolgsversprechende dezernatsübergreifende Zusammenarbeit zumindest nicht in der Strategie dokumentiert. 

Auffällig ist auch, dass zwar weitere Themen mit BNE-Bezug, wie bspw. Schulmobilitätskonzepte, aufgegriffen werden, aber letztlich nicht in Bezug zu Klimabildung und BNE gesetzt werden. Darüber hinaus nutzt der Landkreis auch bei BNE im weiteren Sinne landespolitische Programme, bspw. wenn es um Netzwerkarbeit zu BNE in der Region geht. Hier wird u.a. auf die 2024 ausgelaufene Landesförderung der BNE-Netzwerke in Hessen und die Co-Finanzierung mit der Stadt Marburg verwiesen. 

„Der Landkreis vernetzt sich über das Netzwerk „Nachhaltig Lernen Region Marburg“ mit weiteren Bildungsträgern der BNE und nutzt die dort bereits vorhandenen Strukturen für die verbesserte Erreichung von Zielgruppen und die Weiterentwicklung einer aktiven und wirkungsvollen BNE-Bildungslandschaft im Landkreis. Die BNE-Bildungsangebote des Landkreises werden über das Netzwerk-Portal bekannt gemacht, Fachforen und Austauschtreffen mitgestaltet, die im Netzwerk vorhandenen Zugänge zu Förderprogrammen werden genutzt.“ Landkreis Marburg-Biedenkopf 2023 , S.118

Dieser strategische Ansatz des Landkreises zeigt deutlich, dass Kommunen, die über keine eigenen etablierten verwaltungsinternen BNE-Strukturen verfügen, gleichwohl auf bestehende regionale und landesweite BNE-Strukturen zurückgreifen können und die Verzahnung von kommunaler BNE mit landespolitischen Aktivitäten erfolgsversprechend sein kann. Sichtbar werden aber auch die Grenzen dieses Ansatzes, weil BNE in diesem Kontext weder verwaltungsintern noch verwaltungsextern umfassend und strategisch gedacht wird, was einen signifikanten Unterschied zu bspw. fortgeschrittenen BNE-Modellkommunen markiert.

Zusammenfassung

BNE ist in vielen Nachhaltigkeitsstrategien integrativer Teil. Die Praxisbeispiele zeigen, dass dies gerade für solche Strategien gilt, die von den Kommunen in Zusammenarbeit mit der SKEW im Rahmen des Projektes "Global Nachhaltige Kommune" entstanden sind. Die Strategieentwicklung umfasst dabei eine umfangreiche Erfassung der bestehenden kommunalen Nachhaltigkeitsaktivitäten. Darüber hinaus werden in einem partizipativen Prozess Handlungsfelder, Handlungsziele sowie spezifische Indikatoren entwickelt. Letztere können im Rahmen eines Nachhaltigkeitsmonitorings genutzt werden. BNE ist ein wichtiger Teil der Strategieentwicklung und bietet, wie sich am Beispiel des Landkreises Marburg-Biedenkopf zeigen lässt, auch Kommunen ohne ausgebaute kommunale BNE Möglichkeiten und Perspektiven aktiv in BNE zu werden. Gerade im Vergleich zu fortgeschrittenen BNE-Kommunen wie Neustadt an der Weinstraße zeigen sich aber auch deutliche Grenzen dieses Ansatzes. Während im Landkreis Marburg-Biedenkopf vor allem bestehende regionale und landesspezifische BNE-Strukturen aufgegriffen und genutzt werden, wird in Neustadt eine strategische Ausrichtung auf BNE sichtbar und die Nachhaltigkeitsstrategie mit bspw. der BNE-Gesamtstrategie verkoppelt und damit eine deutlich tiefere und breitere strategische Integration von BNE in der Verwaltung ermöglicht. 

Ein weiterer bedeutsamer Punkt ist, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie dazu beitragen kann, die Vernetzung und Sensibilisierung innerhalb der Verwaltung für BNE und Nachhaltigkeit positiv zu beeinflussen. 

Insgesamt zeigt sich, dass Nachhaltigkeitsstrategien, so sie denn BNE thematisieren, eine bedeutsame Legitimationsquelle und Handlungsleitfaden für die Akteure in der kommunalen Verwaltung sein können. Eine Stelle in der Verwaltung, die die Ziele und Maßnahmen koordiniert und zusammenbindet, kann diesen Prozess fördern.

Literatur

Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum (2023). Praxishandbuch. Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Kommune gestalten. München. https://www.bne-kompetenzzentrum.de/sites/default/files/2023-06/BNE-Praxishandbuch_WEB.pdf

Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (2014). Nachhaltige Entwicklung auf kommunaler Ebene durch Bildung voranbringen. Erklärung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der als Offizielle Kommunen der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichneten Städte und Gemeinde.  https://www.bne-portal.de/SharedDocs/Publikationen/de/bne/nachhaltige-entwicklung-auf-kommunaler-ebene-durch-bildung-voranbringen.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Die Bundesregierung (2016). Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Berlin. https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975274/318676/3d30c6c2875a9a08d364620ab7916af6/2017-01-11-nachhaltigkeitsstrategie-data.pdf

Engagement Global (2023): Nachhaltigkeit messen. Zum Stand des Nachhaltigkeitsmonitorings in Kommunen. In: Dialog Global – Schriftenreihe der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW), Heft 66.  https://skew.engagement-global.de/files/2_Mediathek/Mediathek_Microsites/SKEW/Publikationen/4_Dialog_Global/Dialog_Global_66_bf.pdf

Fachstelle Kommunales Bildungsmonitoring (KOSMO) (2024). Themenseite Bildung für Nachhaltige Entwicklung. https://www.kommunales-bildungsmonitoring.de/themen/themenseite-bne

Kreis Euskirchen (2021): Nachhaltigkeitsstrategie.  https://www.lag21.de/files/default/pdf/Themen/Integrierte%20NHS_GNK/GNK%202019-2021/strategien/nhs_kreiseuskirchen.pdf

Landkreis Marburg-Biedenkopf (2023). Nachhaltigkeitsstrategie Landkreis Marburg-Biedenkopf. https://www.marburg-biedenkopf.de/presseanhaenge/2024/Nachhaltigkeitsstrategie-des-Landkreises-Marburg-Biedenkopf.pdf

Neustadt an der Weinstraße (2022): Nachhaltigkeitsstrategie Neustadt an der Weinstraße 2030. https://www.neustadt.eu/output/download.php?fid=2636.18154.1.

Otremba, Katrin (2024): Zum (gemeinsamen) BNE-Verständnis in Verwaltung und Kommune. München. https://www.bne-kompetenzzentrum.de/de/zum-gemeinsamen-bne-verstaendnis-verwaltung-und-kommune

Schütze, Lea, (2024). Der kommunale Mehrwert von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Warum es sich für Kommunen lohnt, BNE in ihren Bildungslandschaften zu bearbeiten. München. https://www.bne-kompetenzzentrum.de/sites/default/files/2024-09/Der_kommunale_Mehrwert_von_BNE_LSchuetze.pdf



| Christian Bluhm
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