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Der kommunale Mehrwert von Bildung für nachhaltige Entwicklung

Warum es sich für Kommunen lohnt, BNE in ihren Bildungslandschaften zu bearbeiten

Für BNE begeistern: Argumente für BNE in Ihrer Kommune

Kommunen stehen vor großen Herausforderungen, um ihre Städte, Landkreise und Gemeinden in die sozial-ökologische Transformation zu führen. Um zukunftsfähige Strukturen und Routinen aufzubauen, kann eine Auseinandersetzung mit nachhaltiger Entwicklung (vgl. dazu Text Was ist nachhaltige Entwicklung?) und mit BNE (vgl. dazu Text Was ist Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)?) für Kommunen hilfreich sein. Dafür ist nicht nur die strategische Zielsetzung (vgl. dazu Handlungsfeld Strategie und Ziele), die Datenbasierung (vgl. Handlungsfeld Wissenbasierung und Berichterstattung) und die Vernetzung und Koordination in der BNE-Bildungslandschaft wichtig (vgl. dazu Text Was ist eine kommunale Bildungslandschaft mit BNE-Fokus?), sondern auch die Sichtbarkeit (vgl. dazu Handlungsfeld Sichtbarkeit und Kommunikation) von BNE, sowohl gegenüber Bürgerinnen und Bürgern und im Netzwerk als insbesondere auch gegenüber politischen und administrativen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern.

Da BNE keine kommunale Pflichtaufgabe ist, ist es wichtig bei der politischen Spitze Motivation für BNE zu erzeugen und Rückhalt zu bekommen, um langfristige Investitionen und öffentliche Unterstützung für BNE zu verargumentieren.

Der folgende Text soll Ihnen Argumente dazu an die Hand geben, warum BNE einen Mehrwert für Ihre Kommune darstellen kann. Die Frage, wie man den Mehrwert und die Relevanz von BNE in der eigenen Kommune vermitteln kann, wurde und wird in unseren Modellkommunen immer wieder gestellt. Die folgenden Argumente und Aspekte wurden dabei als hilfreich empfunden, um den Beitrag von BNE für die sozial-ökologische Transformation gegenüber politischer Spitze, weiteren Querschnittsstellen in der Verwaltung sowie Bildungsstakeholderinnen und Bildungsstakeholdern zu erklären.


Weitere Argumente und Hintergrundinformationen finden Sie in den folgenden Positionspapieren zu BNE:


BNE als Standortfaktor

Die strategische Ausrichtung der Kommune auf Nachhaltigkeit und auf BNE als ‚Werkzeug‘ für mehr Nachhaltigkeit kann eine Stadt, einen Landkreis oder eine Region in wirtschaftlicher Hinsicht attraktiver machen und so einen Standortfaktor darstellen. So können Kommunen z.B. die ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft durch eine nachhaltige Ansiedlungsstrategie fördern. Auf diese Weise kann es gelingen, dass sich Unternehmen der sogenannten ‚green economy‘ ansiedeln; Positionspapiere wie etwa seitens des Bundesverbands für nachhaltige Wirtschaft (2021) stützen dies. Unternehmen können wiederum Treiber von BNE sein, etwa durch interne Fortbildungen und als Partner kommunaler Arbeit, z.B. im Bereich Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE). Auch für Bildungsakteure kann BNE einen Standortfaktor darstellen: So bietet eine starke kommunale BNE-Bildungslandschaft ein Netzwerk, aus dem weitere Initiativen entstehen oder sich ansiedeln möchten. 

An dieser Stelle kann es sich lohnen, mit der kommunalen Wirtschaftsförderung zusammenzuarbeiten oder diesem Aspekt unter dem Dach einer gesamtkommunalen Nachhaltigkeitsstrategie (mehr) Aufmerksamkeit einzuräumen. Umgekehrt kann sich durch ein breit genutztes Bildungsangebot bei der Bevölkerung ein wirtschaftlicher Effekt einstellen: Durch die Förderung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster könnte die lokale Wirtschaft gestärkt und neue, umweltfreundliche Geschäftsfelder entwickelt werden.

Bildung für nachhaltige Entwicklung bietet erhebliche Potenziale für die kommunale Außenwirkung. Das Marketing als nachhaltige Kommune steigert die Sichtbarkeit interkommunal, aber auch im Landes-, Bundes- sowie im EU-Kontext. Dies fördert insgesamt die Aufmerksamkeit gegenüber kommunalen Interessen auf nationaler und internationaler Ebene. Über die Teilnahme an vielfältigen Wettbewerben, Preisen, Förderprogrammen und Vernetzungsformaten für und von Kommunen, welche sich mit der Implementation und Weiterentwicklung von BNE beschäftigen, werden die jeweiligen Bemühungen in diesem Bereich erkennbar und können den nachhaltigen Markenkern eines Landkreises, einer Stadt oder einer Gemeinde steigern. Der BNE-Preis der deutschen UNESCO-Kommission etwa ist neben dem Preisgeld insbesondere mit breiten Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit flankiert.

 

Wie die qualitative Expertenbefragung aus dem BNE-Kompetenzzentrum gezeigt hat (vgl. Gebauer 2023), fördert die Teilnahme an Auszeichnungen innerhalb der Verwaltung zudem eine stärkere Identifizierung mit BNE, sie steigert die Motivation für BNE-Projekte und legitimiert die bisherige Arbeit auch gegenüber der politischen Spitze. 

Allgemeine Wohlfahrt, Inklusion und Partizipation

Eine kommunale Schwerpunktsetzung auf BNE kann für das Gemeinwesen förderlich sein. Ein umfassendes, bedarfsgerechtes, niedrigschwelliges Bildungsangebot mit Schwerpunkt BNE erhöht das Bewusstsein für ökologische, ökonomische und soziale Aspekte vor Ort. Dies kann mittel- und langfristig positive Effekte auf das gesellschaftliche Miteinander haben, etwa weil in BNE-Angeboten für Aspekte sozialer Ungleichheit sensibilisiert wird und Maßnahmen zur Förderung sozialer Gerechtigkeit daher mehr Unterstützung finden. Über die genannten Bildungsprozesse können ebenso die Akzeptanz innovativer Mobilitätskonzepte erhöht, die Müllproduktion verringert und Hilfestellungen für gesündere Lebensstile vermittelt werden. In dieser langfristigen Perspektive kann Bildung für nachhaltige Entwicklung darum ein Baustein einer zukunftsfähigen Kommune darstellen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein partizipatives Bildungskonzept. Die damit einhergehende gesteigerte Wahrnehmung von Selbstwirksamkeit, Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten in der Bevölkerung fördert die soziale Integration (vgl. Weßels 2021, S. 379) und den Zusammenhalt, nämlich dann, wenn viele das Gefühl haben, für das Gleiche zu kämpfen. Partizipation bei der Gestaltung von BNE-Angeboten ernst zu nehmen ermöglicht nicht nur die Entwicklung bedarfsgerechter, innovativer und nachhaltiger Maßnahmen, sondern kann auch die Akzeptanz für die Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission 2011, S.5) fördern. Beteiligungsprozesse mit Stakeholdern aus der BNE und dem Nachhaltigkeitsbereich können nachgewiesenermaßen “zu einem kooperativen und auf Konsensfindung basierenden Verständnis von Politik" (Kahlenborn et al.2019, S. 48) beitragen. BNE bietet viele Potentiale für die Beteiligung von Bürger:innen an kommunalen Entscheidungen und Prozessen, was zu einer stärkeren Identifikation mit der eigenen Gemeinde führen kann (Handlungsfeld Partizipation).

BNE bietet somit Möglichkeiten für Bürger:innen, ökonomische, soziale und politische Wandlungsprozesse zu verstehen und so auch resilienter gegenüber Verschwörungsmythen und „fake news“ zu werden. Dies kann die demokratischen Prozesse und die Integrationskraft in einer Kommune stärken.

BNE und aktuelle Krisen

Neben dem Klimawandel, dem Verlust an Biodiversität, zunehmenden sozialen Ungleichheiten (u.a.) verweist die Coronapandemie auf die Relevanz nachhaltiger Stadt- und Kreisentwicklung. So resultierte das Virus aus der Überschreitung natürlicher Grenzen und der Missachtung von Lebensräumen von Tieren und Pflanzen. Nachhaltiges kommunales Handeln, etwa in der Bau- und Verkehrspolitik, kann helfen, solche und weitere Mensch-Natur-Konflikte zukünftig zu verringern. Um sie auch zu verstehen, braucht es ein breites BNE-Angebot, das entsprechende Lernprozesse in Gang setzt (vgl. Freiburger Bildungsbericht 2022, S.8). Des Weiteren bietet BNE, wie oben beschrieben, eine Grundlage um sich partizipativ mit den gesamtgesellschaftlichen Folgen von Pandemien, Klimakrise und dem Verlust an Biodiversität auseinanderzusetzen und im besten Falle gemeinschaftlich Lösungen zu formulieren.

Angesichts dieser vielfältigen Krisenerfahrungen wird deutlich, welchen Mehrwert es für Städte, Gemeinden und Landkreise haben kann, sich ganzheitlich auf das Thema Nachhaltigkeit ein- und als zukunftsfähige Kommunen aufzustellen. Bildung für nachhaltige Entwicklung schärft dabei den Blick von Schüler:innen und Bürger:innen für die gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge und Herausforderungen und bietet die Möglichkeit, partizipativ Lösungen für globale Fragen auf lokaler Ebene zu finden.

Anknüpfungspunkte für BNE in der Verwaltung

Mit Unterstützung der Transferinitiative des BMBF wurde seit vielen Jahren in mehr als der Hälfte der deutschen kreisfreien Städte und Landkreise ein kommunales Bildungsmanagement aufgebaut. Bildungsbüros bieten dabei oft sehr gute Anknüpfungspunkte für die Implementation bzw. Weiterentwicklung von kommunalen BNE-Strukturen. Oftmals sind sie etwa als Stabsstelle der politischen Spitze unterstellt oder haben gute Verbindungen zu Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern ihrer Kommune, die den Mehrwert von BNE erkennen und unterstützen.

Auch andere Querschnittsstellen innerhalb der Kommunalverwaltung folgen einem ähnlichen Kooperations- und Koordinationsgedanken wie die Bildungsbüros. Beispielsweise Agendabüros, Nachhaltigkeitsbeauftragte, Klimaschutzbeauftragte oder Mitarbeitende aus der Regionalentwicklung können den Auftrag haben, BNE (stärker) in der Kommune zu verankern und auf ähnliche Vorarbeiten und (Vernetzungs-)Strukturen zurückgreifen. 

Von wo aus auch immer Sie BNE angehen und auch wenn BNE keine kommunale Pflichtaufgabe ist: Zum einen ist sie hilfreiches Werkzeug, um nachhaltige Entwicklung in Ihrer Stadt, Gemeinde oder in Ihrem Landkreis umzusetzen – und zum anderen gibt es vor Ort oft schon Strukturen, Angebote sowie Akteurinnen und Akteure, mit denen Sie sich zusammentun können. Konkrete Hilfestellungen und weitere Erläuterungen zur Verankerung von BNE in Ihrer kommunalen Bildungslandschaft finden Sie z.B. in unserem Praxishandbuch (Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum 2023).


Literatur

Autorengruppe BNE-Kompetenzzentrum (2023): Praxishandbuch. Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Kommune gestalten. München

BNW-Bundesverband nachhaltige Wirtschaft (2021): Berlin in 9 Schritten zum Hotspot der nachhaltigen Wirtschaft machen. Positionspapier. https://www.bnw-bundesverband.de/sites/default/files/inline-files/Berlin%20in%209%20Schritten%20zum%20Hotspot%20der%20nachhaltigen%20Wirtschaft%20machen_BNW.pdf

Deutsche UNESCO-Kommission (2011): Zukunftsfähige Kommunen: Chancen durch Bildung für nachhaltige Entwicklung Gemeinsame Erklärung der Deutschen UNESCO-Kommission mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der von der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichneten Kommune https://www.bne-portal.de/SharedDocs/Publikationen/de/bne/zukunftsfaehige-kommunen-chancen-durch-bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Freiburg i. B. (2022): 5. Freiburger Bildungsbericht. Bildung für nachhaltige Entwicklung. https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/params_E658200453/1914777/Bildungsbericht_2022_WEB.pdf

Forum Kommunen der Nationalen Plattform BNE (2022): Bildung für nachhaltige Entwicklung in kommunalen Bildungslandschaften. https://www.bne-portal.de/bne/shareddocs/downloads/files/positionspapier-forum-kommunen-19-10-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Gebauer, Ronald. 2023. Kurzbericht "Auszeichnungen, Wettbewerbe und Förderprogramme". Unveröffentlichter Projektbericht zu qualitativen Auswertungen in BiNaKom.

Kahlenborn, Walter; Clausen, Jens; Behrendt, Siegfried; Göll, Edgar (2019)(Hrsg): Auf dem Weg zu einer Green Economy, Wie die sozialökoloigische Transformation gelingen kann. Bielefeld: transcript.

Weßels, Bernhard (2021): Politische Integration und politisches Engagement. In: Bundeszentrale für politische Bildung / bpb (Hrsg): Datenreport 2021. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/datenreport-2021/

| Dr. Lea Schütze