Tisch mit Utensilien für den Escape Room

Ein Escape Room als Bildungsinstrument für komplexe Themen

Der Deutsche Volkshochschulverband e.V. integriert einen Escape Room in einen Workshop zum Thema „Kritischer Konsum“ – Die VHS Rur-Eifel mit Sitz in Düren berichtet über Erfahrungen mit diesem besonderen BNE-Angebot

Klimawandel, Umweltschutz und nachhaltige Lebensweisen – dies sind Themen, die viele junge Menschen aktuell beschäftigen. Die Zentralstelle für Politische Jugendbildung im Deutschen Volkshochschul-Verband e.V. (DVV) wollte im Jahr 2020 daher dem erhöhten Interesse an diesem Thema Rechnung tragen und ein Konzept entwickeln, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf niedrigschwellige und unterhaltsame Weise eine inhaltliche Auseinandersetzung eröffnet. Herausgekommen ist der Workshop „Kritischer Konsum und verantwortungsvolles Handeln“, der einen Escape Room „Es gibt keine Party B“ als besonderen Erfahrungsraum beinhaltet. Hintergrundinformationen zur Entstehung des Workshops, zu seinen Zielgruppen und wie hoch der organisatorische Aufwand der Durchführung ist, ist zu lesen im Abschnitt "Der Workshop mit Escape Room" (siehe grüner Balken).

Die VHS Rur-Eifel bietet den vom DVV konzipierten Workshop seit einiger Zeit an. Er bildet einen wichtigen Teil eines insgesamt umfangreichen Programms mit vielen besonderen BNE-Angeboten, die an unterschiedlichen Orten im Kreis Düren stattfinden oder durchgeführt werden. Dadurch gibt es nicht nur thematisch, sondern auch räumlich ein breit gefächertes BNE-Angebot, das u.a. auch kostenlose Kurse umfasst.

Durch die kreisweite Öffentlichkeitsarbeit wurde und wird auch auf den Workshop mit Escape Room aufmerksam gemacht. Das zeigt Erfolg, denn das Angebot wird gern gebucht. Zu den praktischen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Workshop und zur Resonanz der Teilnehmenden berichtet im Interview Dieter Bergheim, Fachbereichsleiter "Gesellschaft" bei der VHS Rur-Eifel. Zum Rahmen, in den die Volkshochschule Rur-Eifel den Workshop einbindet und zum Stellenwert von BNE, gibt im Interview Dr. Wilma Viol, Leiterin der VHS Rur-Eifel, Auskunft.

Der Workshop mit Escape Room:
Hintergrundinformationen und Beschreibung zum Workshop "Kritischer Konsum und verantwortungsvolles Handeln“ und zum
Escape Room "Es gibt keine Party B"

Ein Escape Room als Methode in der Bildungsarbeit: Wie der Escape Room „Es gibt keine Party B“ entstand und wie er funktioniert

Da sie einen spielerischen Zugang zu komplexen Themen ermöglichen, erfreuen sich Escape Rooms auch in der Bildungsarbeit bereits seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit. Sie sind für vielfältige Zielgruppen attraktiv und können unterschiedliche Kompetenzen wie Teamgeist, Kombinationsfähigkeit und logisches Denken fördern. Um junge Menschen für kritischen Konsum und verantwortliches Handeln zu sensibilisieren, beschloss das Team der Zentralstelle für Politische Jugendbildung im DVV daher in Zusammenarbeit mit der Agentur polyspektiv, einen Escape Room zu entwickeln. Im Verlauf des Jahres 2020 wurden zunächst ein Ausgangsszenario und einzelne Rätselstränge, mit denen die Teilnehmenden konfrontiert werden sollten, konzipiert und anschließend alle notwendigen Unterlagen ausgearbeitet.

So werden die jungen Menschen, die den Escape Room „Es gibt keine Party B“ durchspielen möchten, vor der Aufgabe gestellt, die Geburtstagsparty ihres Opas Theo zu retten. Jeder der drei Rätselstränge, die für eine erfolgreiche Bewältigung des Escape Rooms gelöst werden müssen, beschäftigt sich mit einem Konsumthema: dem Menü (Lebensmittel), dem Programm (physische und virtuelle Waren) und der Anreise der Gäste (Verkehrsmittel). Das Besondere daran ist, dass es pro Strang eine Entscheidungssituation gibt. Hierbei müssen die Teilnehmenden sich gemeinsam einigen, ob sie einen bequemen, schnellen oder einen aufwändigeren, nachhaltigeren Weg verfolgen möchten. Im Rahmen eines Reflexionsmoduls, das im Anschluss an das Durchspielen des Escape Rooms stattfinden sollte, werden diese Entscheidungssituationen dann mit den Teilnehmenden analysiert, ausgewertet und ein Transfer zur realen Lebenswelt der jungen Menschen hergestellt. Während einer anschließenden Ideenwerkstatt haben sie zudem die Möglichkeit, eigene Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten, um künftig bewusstere und ggf. nachhaltigere Konsumentscheidungen zu treffen oder sich für Klima- und Umweltschutz einzusetzen.

Hauptzielgruppe: Jugendliche und junge Erwachsene

Der Escape Room „Es gibt keine Party B“ richtet sich an Jugendliche zwischen 14 und 27 Jahren und ist für die außerschulische politische Bildungsarbeit konzipiert. Grundsätzlich kann das Konzept aber auch in anderen Kontexten, etwa im schulischen Bereich, eingesetzt werden.

Neben der „Challenge“, die im Escape Room enthaltenen Rätsel und Aufgaben innerhalb von 60 Minuten erfolgreich zu lösen, zielt die Methode auch darauf ab,  jungen Teilnehmenden Kenntnisse über die Konsequenzen von Konsumentscheidungen zu vermitteln und sie für die Folgen des eigenen Handelns als Verbraucher:in zu sensibilisieren. Hierbei wird auch thematisiert, wie man im Spannungsfeld von eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten auf der einen sowie sozialen und ökologischen Folgen auf der anderen Seite bewusste Entscheidungen treffen kann. So lernen die Teilnehmenden im Rahmen der Reflexionsphase etwa das Konzept des ökologischen Fußabdrucks kennen und können ihren individuellen Verbrauch reflektieren.

 

Vorbereitung und organisatorischer bzw. finanzieller Aufwand

Um einen Einsatz des Escape Rooms „Es gibt keine Party B“ so einfach wie möglich zu machen, wurde bei der Ausarbeitung der Rätselaufgaben darauf geachtet, möglichst alltägliche, günstige Gegenstände einzuplanen und die Liste der benötigten Materialien gering zu halten. Nichtsdestotrotz müssen für die Umsetzung des Escape Rooms im Vorfeld einige Ausstattungsgegenstände angeschafft werden. Die entstehenden Kosten belaufen sich auf etwa 170 Euro. Für die Dozent:innen, die den Escape Room, die anschließende Reflexionsphase sowie die Ideenwerkstatt anleiten, gibt es einen kompakten Leitfaden mit Hinweisen für die Vorbereitung und die Umsetzung. Zudem stehen Bastelanleitungen für die einzelnen Rätsel und Druckvorlagen für die Auswertung und thematische Vertiefung bereit. Volkshochschulen, die das Konzept umsetzen möchten, können über das Förderprogramm „Politische Jugendbildung“ im Deutschen Volkshochschul-Verband e.V. Mittel aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes beantragen.

Menschen lösen eine Aufgabe in einem Escape Room

Interview mit Dieter Bergheim, VHS Rur-Eifel:
Workshop und Escape Room in der Anwendung

Seine Erfahrungen in der Vorbereitung und Durchführung des Workshops „Kritischer Konsum und verantwortungsvolles Handeln“ mit dem Escape Room „Es gibt keine Party B“ schildert Dieter Bergheim als Fachbereichsleiter „Gesellschaft“.

Was ist überzeugend am Workshop und dem Escape Room „Es gibt keine Party B“?

Das Ziel des Workshops ist eine Auseinandersetzung der Jugendlichen mit dem Thema „Kritischer Konsum“. Der Workshop setzt sich aus drei Teilen zusammen: Durch das Erlebnis eines Escape Rooms im ersten Modul wird spielerisch in die Thematik eingeführt. Im anschließenden Reflexionsmodul denken die Teilnehmenden darüber nach, warum sie welche Konsumentscheidungen treffen und welche Folgen ihr Verhalten (auch global) hat. In der abschließenden Ideenwerkstatt überlegen die Teilnehmenden, wie sie in Zukunft (verantwortungsvoller) konsumieren möchten. Das dreistufige Konzept des Workshops ist stimmig und baut perfekt aufeinander auf.

Wie ist die Resonanz der Besucher:innen?

Insgesamt wurden bis dato 10 Workshops (Stand: Anfang August 2023) durchgeführt und das Feedback der Teilnehmer:innen war durchweg positiv. Aus den Rückmeldungen der begleitenden Lehrkräfte möchte ich folgendes Zitat anführen:

„Der außerschulische Workshop (…) kam bei meinen Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10 (Hauptschule) sehr gut an. Gleich zu Beginn merkte ich, dass die Lerngruppe am Setting interessiert war und die Eingangsmethode "Escape Room" (…) eine gute Wahl darstellte und von allen mit Begeisterung angenommen wurde. Daran knüpfte der Workshop an. Die Vermittlung des Inputs (…) war locker, abwechslungsreich und somit genau auf die Zielgruppe abgestimmt. Tags darauf bestätigten meine Schülerinnen und Schüler diesen Eindruck. Sie konnten stets dem Inhalt folgen und haben, ich zitiere, "wirklich einiges gelernt"." (Nora Elisabeth Zilken, GHS Burgauer Allee, Düren).

Wie hoch ist der (Vorbereitungs)-Aufwand für Sie als VHS, damit der Escape Room genutzt werden kann?

Der Vorbereitungsaufwand für die Erstdurchführung eines Workshops ist groß: die Anschaffung, die Bastelarbeiten und die Logistik aller Materialien braucht Zeit und darf nicht unterschätzt werden. Auch ist die Einarbeitung der Workshopleitung in den Ablauf und in alle Unterlagen sowie Materialien – vor allen Dingen die Rätsel im Escape Room-Modul – aufwändig. Für die nachfolgenden Workshopdurchführungen reduziert sich dann der Aufwand jedoch auf den vorab erfolgenden Check der Materialien und das Präpapieren des Veranstaltungsraumes.

Welche Empfehlungen haben Sie für andere VHS oder Kommunen, die sich für den Escape Room interessieren?

Meine Erfahrung ist, dass sich das Workshop-Konzept - trotz des Zeitumfangs von 6 UE - auch gut in Kooperation mit Schulen als außerschulisches Angebot umsetzen lässt. Es sollte aber im Vorfeld explizit darauf hingewiesen werden, dass der Workshop „Kritischer Konsum und verantwortungsvolles Handeln“ heißt und drei Module umfasst, wovon nur einer den Escape Room als Methode einsetzt.

Wenn eine Einrichtung den Workshop langfristig in ihr Angebot aufnehmen möchte, sollte sie frühzeitig mit den ersten Vorbereitungen beginnen (bei Teilzeitkräften ca. 3 Monate vorher). Idealerweise ist eine Workshopleitung zu dem Zeitpunkt bereits gefunden und wird nicht parallel gesucht.

All der anfängliche Aufwand wird sofort entlohnt, wenn man am Ende eines jeden Workshops die Ergebnisse betrachtet und die Rückmeldung der Teilnehmenden hört.

Pinnwand mit beschrieben Blättern

Interview mit Dr. Wilma Viol, Leiterin der VHS Rur-Eifel:
Zur Bedeutung von BNE an ihrer VHS

Das Workshop-Angebot mit dem Escape Room ist nur eines der vielen BNE-Angebote an der VHS Rur-Eifel. Warum BNE in ihrer VHS einen hohen Stellenwert genießt und welche Auswirkungen das auf die Angebote hat, erläutert die Leiterin Dr. Wilma Viol.

Bei der VHS Rur-Eifel hat BNE einen hohen Stellenwert. Woher kommt die Motivation, BNE als Schwerpunkt zu wählen?

Nach mehr als zwei Jahren der Pandemie, Kriegen in der Welt, Hochwasserkatastrophen, Umweltverschmutzung und Klimawandel zeigt sich immer mehr eine Welt mit großen Herausforderungen, denen wir jedoch nicht „schutzlos“ gegenüberstehen. Wenn wir Verantwortung für uns selbst und für unsere Gesellschaft übernehmen, können wir Schaden minimieren und unser Wohlbefinden und die Gesundheit verbessern. Gerade die VHS ist ein Ort, die eine Brücke schlagen kann zum Thema „Nachhaltigkeit“. Daher liegt es uns am Herzen. Unsere Vision ist es, gemeinsam mit unseren zehn Partnerkommunen die Menschen im Kreis Düren darin zu unterstützen, bewusst zu leben und fair zu handeln, damit unsere Welt eine lebenswerte bleibt.

Welche Art von BNE-Angeboten gibt es bei Ihrer VHS?

Die Angebote zu BNE sind in nahezu allen Fachbereichen vertreten. Ganz gleich, ob es um Sprachen, Digitalisierung oder Aufklärung im Bereich Social Media, Gesundheit und Ernährung oder Gesellschaft geht. Die Schnittstelle zu BNE ist überall gegeben. Daher orientieren wir uns auch stark an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030. Entlang dieser 17 Ziele haben wir unter anderem in unserem Programmheft in diesem Jahr in allen Fachbereichen auch kostenfreie Angebote platziert. Vorträge, Schnupperangebote im Gesundheits- oder Ernährungsbereich, Verbraucherfragen oder Handwerkskunst und Handarbeit sind hier vertreten.

Wie ist die Resonanz auf die BNE-Angebote?

Die Resonanz auf die Angebote ist gut. Gerne würden wir noch stärker junge Menschen und Familien mit den Angeboten erreichen. Wir machen uns dazu auf den Weg, noch mehr in den Kommunen aktiv zu sein. So haben wir z.B. unsere „VHS vor Ort“-Aktion mit einem Stand in Präsenz in den Kommunen, u.a. zu Märkten und Stadtfesten. Dies ist immer ein schöner Anlass, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und über das Thema BNE zu sprechen.

 

| Alexandra Kandzi
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