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BNE-Handlungsfelder

Forschungsergebnisse 

Quanit

Im Anschluss an die Einführung in die sieben BNE-Handlungsfelder und parallel zu den Vorstellungen kommunaler Praxisbeispiele wurden am zweiten Veranstaltungstag Ergebnisse aus der Forschung des BNE-Kompetenzzentrums präsentiert. Die Auswertungen der qualitativen Befragungen und quantitativen Umfragen beziehen sich auf die BNE-Handlungsfelder, die das Kompetenzzentrum entwickelt hat. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Handlungsfeld Netzwerke & Kooperationen.

BNE-Netzwerke gestalten und weiterentwickeln: Erkenntnisse aus der qualitativen Prozessevaluation

Vortrag Qualitative Evaluation

Moderiert von Carolin Hoch und referiert von Tatjana Mögling (BNE-Kompetenzzentrum) ging es in diesem Programmpunkt um die Gestaltung der Zusammenarbeit in den BNE-Modellkommunen. Im Zentrum stand die Frage, wie der Aufbau von BNE-Netzwerken erfolgt und wie die Netzwerke weiterentwickelt werden können. Dabei richtete sich der Fokus vor allem auf ihre Reichweite und den Umfang der Zusammenarbeit.

Tatjana Mögling stellte die Ergebnisse der qualitativen Befragung des BNE-Kompetenzzentrums vor, die in der ersten Erhebungswelle von Juni bis Dezember 2021 durchgeführt wurde. Dabei wurden 53 Expertinnen und Experten aus Kommunalverwaltung, Politik, Zivilgesellschaft und Bildungseinrichtungen aus 15 Fallstudien-Kommunen interviewt, die zum damaligen Zeitraum bereits eine Zielvereinbarung als Modellkommune unterschrieben hatten.

Beim Aufbau von Netzwerken im Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) lassen sich drei Entwicklungsphasen identifizieren:

In der Frühphase wird zunächst geschaut, welche Netzwerke und Kooperationen mit Anknüpfungspunkten für das Thema BNE bereits in der Kommune bestehen. Der Blick auf BNE ist dabei oft noch auf einzelne Themen innerhalb des Themenfeldes eingeschränkt. Häufig ist er auf Umweltbildung (Grüne Lernorte/Mobilität usw.) ausgerichtet. Es gibt erste konstituierende Sitzungen von Arbeitsgruppen im BNE-Bereich. Sie sind meist verwaltungsintern besetzt, um sich zunächst intern Orientierung und Klarheit im BNE-Themenfeld zu verschaffen.

In der entwickelten Phase hat die Kommune bereits eine grobe Bestandaufnahme durchgeführt: Es wird geprüft, ob sich die vorhandenen kommunalen Netzwerke dafür eignen mit BNE anzuknüpfen bzw. sie um dieses Thema zu erweitern. Außerdem werden neue BNE-Formate aufgebaut, nun auch unter der Beteiligung externer Akteurinnen und Akteure. Das sind zum Beispiel BNE-AGs, Runde Tische zu BNE und andere regelmäßige Treffen zur Zusammenarbeit an BNE. Inhaltlich werden dabei nun auch weitere Nachhaltigkeitsthemen, wie beispielsweise Konsumverhalten betrachtet. Das führt wiederum dazu, dass neue Akteurinnen und Akteure einbezogen werden. Parallel wird versucht Fördermittel zu akquirieren, beispielsweise um Personalstellen abzusichern.

Die fortgeschrittene Phase ist für die untersuchten Kommunen eine Entwicklungsperspektive. Im Erhebungszeitraum gab es dafür noch keine empirischen Beispiele, sie ist aber als ein langfristiges Ziel bzw. als eine Idealphase vorstellbar: Die nötigen Ressourcen für die Netzwerkarbeit könnten in dieser Phase über eine kommunale Regelfinanzierung abgesichert sein. Akteurinnen und Akteure aus der gesamten Bildungslandschaft wären vertreten und als Ergebnis der Zusammenarbeit würden die Bildungsangebote in der Kommune nicht mehr nur an einzelnen Aspekten der Nachhaltigkeit ausgerichtet sein, sondern entlang der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN (SDGs) erweitert werden.

Der Vortrag hob hervor, dass die Netzwerke, je nach ihrem Umsetzungsfokus, entweder kommunal oder regional ausgerichtet sind, eine überregionale Zusammenarbeit kommt nur selten vor. Die Netzwerke spielen eine zentrale Rolle, da sie vor Ort Veränderungen anstoßen und BNE-Themen in die Praxis überführen können. Viele Netzwerke bestehen bereits, agieren jedoch nicht immer unter dem Label BNE. Ein entscheidender Aspekt ist hierbei die Frage, wie es gelingen kann, bereits bestehende Strukturen – wie zum Beispiel Netzwerke zur Umweltbildung – zu integrieren und auszubauen. 

"Ich komme mir vor wie ein Staubsaugervertreter, der immer was [BNE] verkaufen muss, um Netzwerke zu bilden, aber ist ja schon viel vorhanden, dass nur nicht BNE heißt."

ein Teilnehmer aus einer Kommune

Ein Teilnehmer aus einer Kommune fasste die Herausforderungen der Netzwerkbildung mit einem prägnanten Zitat zusammen: „Ich komme mir vor wie ein Staubsaugervertreter, der immer [BNE] verkaufen muss, um Netzwerke zu bilden.“ Dies verdeutlicht die Schwierigkeiten, BNE strukturell zu verankern, und die Notwendigkeit, auf vorhandene Netzwerke zurückzugreifen und neue Partner:innen zu gewinnen.

Tatjana Mögling schloss ihren Vortrag mit praktischen Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung der BNE-Netzwerke. Eine der zentralen Erkenntnisse der Evaluation war die Dynamik, die sich in den letzten Jahren, insbesondere in den Modellkommunen, entwickelt hat. Während der Corona-Pandemie wurde der Netzwerkprozess in vielen Kommunen verlangsamt. Die zweite Befragungswelle zeigt jedoch, dass es deutliche Fortschritte in der Netzwerkbildung gibt. Insgesamt gibt es aber noch großes Entwicklungspotential. Die Bündelung von Ressourcen und die aktive Förderung der Zusammenarbeit zwischen Akteurinnen und Akteure bleiben Schlüsselfaktoren, um die Netzwerke nachhaltig weiterzuentwickeln. Kommunen sind gefordert, gesellschaftliche Impulse aufzugreifen, BNE-Akteur:innen zusammenzubringen und den Raum für Austausch und Kooperation zu schaffen. Hierzu ist es unerlässlich, strukturierende Stellen in den Kommunen zu finanzieren, die gezielt die Weiterentwicklung der BNE-Netzwerke vorantreiben. Dabei kann es sich auch lohnen neue Wege zu gehen, um Ressourcen zu bündeln, z.B. über eine Kooperation mit der Wirtschaft oder durch die Zusammenlegung der Ressourcen mit anderen Landkreisen, Gemeinden und Städten.


Der Beitrag der BNE-Handlungsfelder für die strukturelle Verankerung in kommunalen Bildungslandschaften: Erkenntnisse aus der quantitativen Prozessevaluation

Vortrag Quantitative Evaluation

Ein weiterer Programmpunkt widmete sich der Frage, welchen messbaren Beitrag die BNE-Handlungsfelder für die strukturelle Verankerung in den kommunalen Bildungslandschaften leisten. Dr. Jörg Eulenberger (BNE-Kompetenzzentrum) präsentierte hierzu die Erkenntnisse aus der quantitativen Prozessevaluation, die auf einer Erhebung von Januar bis Mai 2023 basieren. Insgesamt wurden Daten von 275 Organisationen in den BNE-Modellkommunen ausgewertet, um die Relevanz und das Verhältnis der verschiedenen BNE-Handlungsfelder zu analysieren.

Um die komplexen Wechselwirkungen von Faktoren, die für die strukturelle Verankerung von BNE in kommunalen Bildungslandschaften von Bedeutung sind, abzubilden, wurde ein Pfadmodell entwickelt und getestet. Damit lassen sich Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den BNE-Handlungsfeldern und dem Engagement der Akteurinnen und Akteure in der Bildungslandschaft untersuchen. Konkret wurde der Frage nachgegangen, welchen mittelbaren oder unmittelbaren Einfluss sie auf die Menge von BNE-Bildungsangeboten in der Kommune haben. Die Angaben zur Anzahl entsprechender Bildungsangebote basierten in der Analyse auf den Einschätzungen von Expertinnen und Experten vor Ort.

Es zeigte sich, dass alle BNE-Handlungsfelder sowie der Grad des Engagements sowohl kommunaler als auch zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure einen Einfluss auf die eingeschätzte Quantität von BNE-Bildungsangeboten haben.

Ein auffälliges Ergebnis der Analysen ist, dass „Netzwerke & Kooperationen“ ein besonders zentrales Handlungsfeld darstelltNetzwerkarbeit hat zum einen selbst einen direkten Einfluss auf die eingeschätzte Quantität, zum anderen ist sie auch eine zentrale mediierende Variable zwischen dem Engagement der kommunalen Akteurinnen und Akteure und der Einschätzung des Angebots. Das bedeutet, dass das Engagement kommunaler Akteursgruppen zwar einen Einfluss auf die Anzahl von BNE-Bildungsangeboten hat, dieser aber nur mittelbar über die Netzwerkarbeit wirkt.

Die einzelnen anderen Handlungsfelder sind in ihrem Einfluss der Netzwerkarbeit vorgelagert, wobei ausschließlich die kommunalen Akteurinnen und Akteure einen Einfluss auf diese weiteren Handlungsfelder haben. In der Konsequenz und für die praktische Arbeit in Kommunen bedeutet dies, dass die Kommunalverwaltung zur Generierung von BNE-Angeboten vor allem auf die Netzwerkarbeit aller an Bildung direkt bzw. indirekt Beteiligten fokussieren sollte. Die weiteren Handlungsfelder sind deswegen nicht irrelevant, sondern sollten so ausgestaltet werden, dass sie die Netzwerkarbeit unterstützen.

Ein weiteres Ergebnis war, dass der Einfluss der SGB II/SGB XII-Quote (ein Indikator für soziale Herausforderungen in der Kommune) auf das Engagement der kommunalen Akteurinnen und Akteure für BNE negativ ist. Das bedeutet, dass in Kommunen mit höheren Quoten an Sozialhilfebezieher:innen das Engagement der kommunalen Akteurinnen und Akteure für BNE tendenziell geringer ausfällt. Diese Quoten haben jedoch keinen Einfluss auf das Engagement der zivilgesellschaftlichen Akteursgruppen. 

Die Diskussion im Anschluss an den Vortrag zeigte, dass sich die Teilnehmenden aus den Kommunen in ihrem Weg bestätigt sahen, die Netzwerkarbeit in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen. Kritische Anmerkungen gab es zu dem Modell selbst und dem Umstand, dass nur 25% der Varianz aufgeklärt werden konnte. Dabei wurden weitere Faktoren diskutiert, die die Einschätzung zum Vorhandensein des BNE-Angebotes beeinflussen können, wie zum Beispiel die Relevanz einzelner, sehr engagierter Personen in der Kommune. Kritisch diskutiert wurde auch der Befund der fehlenden Verbindung zwischen dem Engagement der kommunalen und der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure. Insgesamt wurde die Feststellung, dass alle BNE-Handlungsfelder Relevanz besitzen und somit eine strukturierte kommunale BNE-Arbeit evidenzbasiert möglich ist, als guter Ausgangspunkt für die künftige Arbeit gesehen.

Weitere Programmpunkte

Impression Podium

Startseite der Dokumentation

Übersicht - Keynote und Podiumsdiskussion

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Session 3

Sessions

5 Perspektiven auf die kommunale BNE-Praxis

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Impression Praxis

BNE-Handlungsfelder aus der Praxis

in der kommunalen Praxis

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Collage Herbstkonferenz