BNE-Bildungsangebot

BNE-Bildungsangebote für jedes Alter?

Worauf bei der Schaffung von BNE-Bildungsangeboten in der Kommune zu achten ist

Um was geht es?

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) verfolgt das Ziel, allen Menschen die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, die notwendig für die Gestaltung einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Gesellschaft sind (vgl.Was ist Bildung für nachhaltig Entwicklung (BNE)?). Um dieses Ziel zu erreichen, wird beispielsweise von der Deutschen UNESCO-Kommission aber auch von der Nationalen Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung eine strukturelle Verankerung von BNE gefordert (Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung 2017, S. 7; Deutsche UNESCO-Kommission e.V. 2013, S. 9). Wobei die strukturelle Verankerung von BNE die Verstetigung von Strukturen meint, die es ermöglichen, dauerhaft allen Menschen BNE-Bildungsangebote bereitzustellen (vgl. Was charakterisiert eine strukturelle Verankerung von BNE in Kommunen?). Unter BNE-Bildungsangeboten sind in diesem Zusammenhang Angebote zu verstehen, die sich thematisch mit nachhaltiger Entwicklung befassen, aber auch weitere Kriterien wie vernetzendes Denken, Visions-, Handlungs- sowie Reflexions- und Partizipationsorientierung erfüllen (vgl. Was charakterisiert ein BNE-Bildungsangebot?).

Ein ganz zentraler Aspekt im Prozess der strukturellen Verankerung von BNE ist also die Schaffung von Bildungsmöglichkeiten (Albrecht/Mögling 2021, S. 79). Damit soll gewährleistet werden, dass es Orte gibt, an denen es möglich ist, die nötigen Kompetenzen zu erwerben. Um alle Menschen gleichermaßen erreichen zu können, muss BNE als lebenslanges Lernen konzipiert sein und somit sowohl in allen Bildungsformen (formale, non-formale und informelle Bildung) vertreten als auch für alle Altersgruppen (Kinder, Jugendliche und Erwachsene) zugänglich sein (Deutsche UNESCO-Kommission e.V. 2021, S. 8; Vereinte Nationen 2014, S. 14; Overwien/Rode 2013, S. 7). Gleichzeitig reicht aber die Bereitstellung von Angeboten allein nicht aus, diese müssen auch genutzt werden, um zumindest theoretisch einen Bildungseffekt erzielen zu können. Voraussetzung zur Nutzung ist, dass an BNE interessierte Personen auch für sie passende Angebote finden können. Folglich müssen BNE-Angebote auch sichtbar gemacht werden (vgl. Aus dem Arbeitskreis ins Rampenlicht. Ausgewählte Forschungsergebnisse zum Handlungsfeld Sichtbarkeit und Kommunikation).

Dies führt zu folgenden Fragen: 

  • Werden für alle Altersgruppen gleichermaßen BNE-Bildungsangebote bereitgestellt?
  • Werden von allen Altersgruppen BNE-Bildungsangebote gleich genutzt?
  • Welche Rolle spielt die Sichtbarkeit von BNE in diesem Zusammenhang?

Datengrundlage für die Beantwortung dieser Fragen ist die zweite Welle der quantitativen Expertenbefragung innerhalb des Projekts „Bildung – Nachhaltigkeit – Kommune“. (Da die Fragen zu den Bildungsangeboten für die 2. Erhebungswelle neu im Fragebogen aufgenommen wurden, ist ein Vergleich mit Daten aus der 1. Welle nicht möglich.) Die Antworten der befragten Expertinnen und Experten wurden für die Auswertung auf Kommunalebene aggregiert. Das heißt, von allen Antworten innerhalb einer Kommune wurde der Mittelwert gebildet, so dass für die Auswertung für jede Kommune jeweils ein Wert pro Frage vorliegt. (Nähere Informationen zur quantitativen Expertenbefragung finden Sie in Methodenbericht: Quantitative Erhebung.)

Ergebnisse

Zunächst wird der Frage nachgegangen, in wie weit Bildungsangebote in den Modellkommunen überhaupt vorhanden sind. Dafür wurde mittels einer 5er-Skala (mit den Antwortmöglichkeiten: trifft nicht zu, trifft eher nicht zu, teils/teils, trifft eher zu und trifft zu) gefragt, ob jeweils für Kinder, Jugendliche und Erwachsene BNE-Bildungsangebote in ausreichendem Ausmaß vorhanden sind.

Bei allen drei Abfragen zeigt sich in Abbildung 1, dass sich der Großteil der Kommunen mit 50% oder mehr in der Kategorie „teils/teils“ befindet. Die restlichen Kommunen verteilen sich weitestgehend auf die Kategorien „trifft nicht zu“ und „trifft eher nicht zu“. Schaut man sich die trifft zu-Kategorien an, lassen sich Hinweise auf Unterschiede zwischen den Altersgruppen ableiten. Befinden sich bei der Abfrage nach den Kindern immerhin 11% der Kommunen in der Kategorie „trifft eher zu“ sind es bei den Jugendlichen nur 8% und bei den Erwachsenen lediglich 4%. In keiner der Altersgruppen befinden sich Kommunen in der Kategorie „trifft zu“. 

Ausgehend von den Daten kann somit geschlussfolgert werden, dass das Vorhandensein von Bildungsangeboten in den Modellkommunen noch sehr grundständig ist und somit das Ziel der strukturellen Verankerung von BNE, nämlich die ausreichende Bereitstellung von BNE-Angeboten für alle, noch nicht erreicht werden konnte. Zwischen den Altersgruppen zeigen sich jedoch gewisse Differenzierungen. So scheint der Ausbau bei Kindern und Jugendlichen schon etwas fortgeschrittener zu sein als bei Erwachsenen. Dieses Ergebnis spiegelt den bildungspolitischen Diskurs zu Zielgruppen von BNE-Bildungsangebote wider, in dem Erwachsene bisher eine eher untergeordnete Rolle spielen und keine eigenständige Zielgruppe darstellen (Otremba 2025). 

Da das Ziel einer strukturellen Verankerung von BNE die Zurverfügungstellung von BNE-Bildungsangeboten für alle Altersgruppen gleichermaßen ist, stellt sich anschließend die Frage, ob sich die Kommunen bei den BNE-Bildungsangeboten eher auf die jüngere Zielgruppe konzentrieren oder ob die Kommunen, die in ihrer BNE-Entwicklung schon weiter fortgeschritten sind, auch die Erwachsenen im Blick haben. Um dies analysieren zu können, wird zusätzlich zum Bildungsangebot der wahrgenommene BNE-Entwicklungsstand der Kommunen betrachtet. Dieser wurde ebenfalls auf einer 5er-Skala von 1 "Wir stehen noch ganz am Anfang." bis 5 "Wir konnten schon sehr viel erreichen, BNE ist bereits weitgehend integriert." erhoben.

Zusammenhangzwischen dem BNE-Entwicklungsstand und dem Vorhandensein von Bildungsangeboten für…

… Kinder: 0,60

… Jugendliche: 0,68

… Erwachsene: 0,69

(Pearsons Korrelation)

Mit Blick auf den Zusammenhang zwischen den Merkmalen zeigt sich, dass bei allen drei Altersgruppen ein starker Zusammenhang mit dem wahrgenommenem BNE-Entwicklungsstand besteht. Umso höher der BNE-Entwicklungsstand in der Kommune eingeschätzt wird, umso ausreichender wird auch das BNE-Bildungsangebot in den Altersgruppen wahrgenommen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass mit einer zunehmenden Verankerung von BNE das Ziel der Bereitstellung von ausreichend BNE-Angeboten, auch tatsächlich erreicht wird.

Vergleicht man die Zusammenhangswerte untereinander, lassen sich, wenn auch nur geringfügige, Abweichungen zwischen den Werten erkennen. Der stärkste Zusammenhang zeigt sich mit 0,69 bei den Erwachsenen. Was bedeutet das? Auf Grundlage der Daten lässt sich ableiten, dass umso weiter fortgeschritten eine Kommune hinsichtlich des wahrgenommenen BNE-Entwicklungsstandes ist, umso mehr sind auch BNE-Angebote für Erwachsenen in ausreichendem Ausmaß vorhanden. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Zielgruppen, bezogen auf den BNE-Entwicklungsstand der Kommunen, nicht gleichzeitig mit BNE-Bildungsangeboten versorgt werden, sondern zunächst Kinder und Jugendliche und mit fortschreitendem BNE-Entwicklungsstand auch Erwachsene. Dies könnte vor allem daran liegen, dass es schwieriger ist, Erwachsenen Angebote zur Verfügung zu stellen, da sie in der Regel nicht mehr Teil des formalen Bildungssystems sind und somit andere Ort genutzt bzw. geschaffen werden müssen, um diese Zielgruppe ansprechen zu können.

In einem weiteren Schritt wird nun betrachtet, inwieweit die bereits vorhandenen BNE-Bildungsangebote – unabhängig vom Umfang der vorhandenen BNE-Angebote – von den verschiedenen Zielgruppen genutzt werden. Herangezogen wird hierfür der Nutzungsgrad der BNE-Angebote in den Kommunen, welcher ebenfalls auf einer 5er-Skala von schwach bis stark erhoben wurde.

Abbildung 2 ist zu entnehmen, dass sich auch hierbei ein Gefälle zwischen den Altersklassen zeigt. Zeigt sich bei Kindern eine starke oder eher starke Nutzung in 48% der Kommunen, sind es bei Erwachsenen lediglich 7%. Der Grund hierbei könnte vor allem struktureller Natur sein. Da Erwachsene, wie bereits erwähnt, in der Regel nicht mehr Teil der formalen Bildung sind, müssen sie mehr als beispielsweise Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden und sich selbstständig auf die Suche nach entsprechenden Kursangeboten begeben. Das setzt jedoch wiederum nicht nur das Vorhandensein von Kursen voraus, sondern auch, dass überhaupt bekannt ist, dass es solche Angebote gibt (vgl. Aus dem Arbeitskreis ins Rampenlicht: Ausgewählte Forschungsergebnisse zu Sichtbarkeit und Kommunikation).

Deswegen wird nachfolgend untersucht, wie es sich mit der Sichtbarkeit von BNE-Bildungsangeboten verhält. Hierzu wurde in der zweiten Welle mittels einer 5er-Skala gefragt, ob in der Kommune BNE-Bildungsangebote in einer Übersicht erfasst werden. In Abbildung 3 zeigt sich, dass nur in knapp 23% der Kommunen Bildungsangebote in dieser Form erfasst werden.

 

Wird sich weiter der Zusammenhang zwischen der Erfassung von BNE-Angeboten in der Kommune und der Nutzung von BNE-Angeboten für die drei Altersgruppen angeschaut, fällt auf, dass bei Kindern mit 0,26 ein positiver Zusammenhang vorliegt und auch bei den Jugendlichen mit einem Wert von 0,38. Bei den Erwachsenen erweist sich der Zusammenhang jedoch als statistisch nicht signifikant, weshalb davon auszugehen ist, dass sich hier eine Erfassung von Angebote nicht zwangsläufig positiv auf die Nutzung von Angeboten auswirkt. Woran das liegt, kann an dieser Stelle nur vermutet werden.[1] Gründe könnten z.B. sein, dass BNE-Angebote für Erwachsene nicht oder nur wenig in den Übersichten enthalten sind oder nicht die richtigen Bedarfe der Erwachsenen ansprechen und damit nicht passförmig (Eulenberger angenommen) sind. 

 [1] Anmerkung: Bei der betrachteten Variable, ob die BNE-Angebote in einer Übersicht festgehalten werden, wird nicht spezifiziert, ob diese öffentlich zugänglich ist oder nicht. Betrachtet man die Variable „In meiner Kommune werden die erfassten Informationen zu BNE den Bürgerinnen und Bürgern öffentlich zugänglich gemacht, z.B. in Form von Berichten.", zeigt sich bei allen drei Altersklassen ein statistisch signifikanter Zusammenhang. Diese Variable bezieht sich jedoch nicht nur auf BNE-Angebote, sondern auf sämtliche BNE-Informationen.

Zusammenhang zwischen Erfassung und Nutzung von BNE-Angeboten in der Kommune für:

… Kinder: 0,26

… Jugendliche: 0,38

… Erwachsenen: 0,23 (nicht sig.)

(Pearsons Korrelation)

Was bedeutet das für die Praxis?

Auf Grundlage der verwendeten Daten lässt sich schlussfolgern, dass das Angebot an BNE-Bildungsangeboten in den Modellkommunen noch ausbaufähig ist. In allen drei Altersgruppen besteht hier deutlicher Nachholbedarf. Insbesondere im Bereich der Erwachsenenbildung konnte an Hand der Daten verdeutlicht werden, dass kaum Angebote bestehen. Entscheidend ist hierbei jedoch nicht allein der Ausbau, sondern auch politisch muss die Notwendigkeit für diesen Bildungszweig gestärkt werden, um alle Altersklassen mit Bildungsangeboten bedienen zu können. Fördermittel und Programme sollten somit nicht nur an der Zielgruppe junger Menschen orientiert sein. Denn nur so ist es möglich, allen Menschen die notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen zu vermitteln, wie in der Agenda 2030 gefordert wird, zu der sich auch Deutschland verpflichtet hat (Vereinte Nationen 2015). Hierbei sollte es jedoch nicht allein darum gehen, die Anzahl an BNE-Bildungsangeboten zu erhöhen, vielmehr sollten auch qualitativ hochwertige Angebote in den Kommunen geschaffen werden (Vgl. Was ist hochwertige Bildung für nachhaltige Entwicklung?).

Das alleinige Vorhandensein von Angeboten reicht jedoch nicht aus, um sicherzustellen, dass sich alle Menschen in Sachen nachhaltiger Entwicklung bilden können. Voraussetzung für einen (möglichen) Kompetenzgewinn ist die Nutzung von Angeboten. Um dies gewährleisten zu können, ist die Sichtbarkeit von BNE-Angeboten bzw. -Entwicklungen unerlässlich. Sichtbarkeit kann auf vielen Wegen erfolgen und sollte durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit geschehen (Presse, Veranstaltungen, Informationsmaterial, Social Media usw.). Jede Zielgruppe sollte dabei individuell und zielgruppengerecht angesprochen werden. So lassen sich z.B. insbesondere jüngere Menschen über Social Media erreichen (statista 2024). 

Was ist wichtig? 

  1. Ausbau von BNE-Angeboten in allen Altersgruppen.
  2. Erwachsene als Zielgruppe von BNE-Angebote verstärkt in den Blick nehmen.
  3. BNE-Bildungsangebote sichtbar machen.

Literatur

Albrecht, Maria/Mögling, Tatjana (2021): Dimensionen struktureller Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in Kommunen. In: BNE-Kompetenzzentrum (Hrsg.): Strukturelle Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in kommunale Bildungslandschaften, S. 65–104

Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (2013): Das Deutsche Nationalkomitee für die UN-Dekade "Bildung für Nachhaltige Entwicklung". Positionspapier "Zukunftsstrategie BNE 2015+". Bonn

Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (DUK) (2021): Bildung für nachhaltige Entwicklung. Eine Roadmap. Bonn

Eulenberger, Jörg (angenommen): Kommunale Bildungslandschaften mit BNE-Fokus. Entwicklung eines heuristischen Mehrebenenmodells. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft: Beiheft Bildung für nachhaltige Entwicklung

Nationale Plattform Bildung für nachhaltige Entwicklung (2017): Nationaler Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung. Der deutsche Beitrag zum UNESCO-Weltaktionsprogramm. Berlin

Otremba, Katrin (2025): BNE, aber wie?! Explorative Einblicke in die Motivationen und Erwartungshaltungen von erwachsenen Lernenden. In: Zeitschrift für Weiterbildungsforschung

Overwien, Bernd/Rode, Horst (2013): Bildung für nachhaltige Entwicklung. Lebenslanges Lernen, Kompetenz und gesellschaftliche Teilhabe

statista (2024): Umfrage: Nutzung von Informationskanälen bei jungen Erwachsene in Deutschland 2024. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1471314/umfrage/umfrage-ueber-die-nutzung-von-informationskanaelen-junger-erwachsener-in-deutschland/ (02.07.2024)

Vereinte Nationen (2014): UNESCO roadmap for implementing the Global Action Programme on Education for Sustainable Development. Paris

Vereinte Nationen (2015): Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Resolution 70/1 der Generalversammlung, verabschiedet am 25.09.2015. https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf (16.11.2023)


| Carolin Hoch
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