Am zweiten Veranstaltungstag rückten die BNE-Handlungsfelder in den Mittelpunkt der Diskussionen. In einem einleitenden Impuls skizzierte Dr. Marco Schmidt (BNE-Kompetenzzentrum) die BNE-Handlungsfelder und erörterte ihre Bedeutung für das praktische Handeln der Teilnehmenden.
Der Vortrag setzte sich mit der zentralen Frage auseinander, welche Rolle die sieben BNE-Handlungsfelder für die Teilnehmenden und ihre konkrete Arbeit spielen können. Die Handlungsfelder bieten Orientierung und Struktur für verschiedene Akteurinnen und Akteure im Bereich von Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie dienen als Werkzeugkoffer, der Ansatzpunkte für effektives Handeln aufzeigt, auch dann, wenn Ressourcen begrenzt sind. Darüber hinaus unterstützen die BNE-Handlungsfelder die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den Akteurinnen und Akteuren in den Bildungslandschaften.

Die BNE-Handlungsfelder sind nicht als starr oder hierarchisch zu verstehen. Stattdessen bieten sie eine flexible Systematik, die an verschiedene Kontexte und Bedürfnisse angepasst werden kann. Für die Teilnehmenden aus der kommunalen Verwaltung sowie aus Bildungs- und anderen Institutionen stellte er die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten vor. So können sie als Leitlinien dienen, die die strategische Ausrichtung von Bildungsprojekten unterstützen oder auch spezifische Maßnahmen zur Förderung von Nachhaltigkeit erleichtern.
„Partizipation ist in der DNA von BNE.“
Dr. Marco Schmidt
Besonders hervorgehoben wurde, dass die Nummerierung der Handlungsfelder nicht als Priorisierung oder feste Reihenfolge zu verstehen ist. Sie gewährleistet stattdessen eine offene und situationsabhängige Anwendung der Handlungsfelder, angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse und Möglichkeiten der Akteurinnen und Akteure vor Ort.
Die Teilnehmenden werden ermutigt, die Handlungsfelder als Orientierungshilfe für ihre eigene BNE-Arbeit zu nutzen. Sie helfen dabei, auch mit begrenzten Mitteln effektive Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu unternehmen und dabei stets den übergeordneten BNE-Gesamtzusammenhang im Blick zu behalten.
Durch ihre Anpassungsfähigkeit können sie sowohl im strategischen Management von Bildungseinrichtungen als auch in der operativen Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten eine wichtige Rolle spielen. Dies stärkt nicht nur die individuelle Handlungsfähigkeit der Teilnehmenden, sondern fördert auch die kooperative Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteursgruppen.
Die BNE-Handlungsfelder in der kommunalen Praxis
- Der Blick in eine kreisfreie Stadt - (Landeshauptstadt Kiel)

Im ersten kommunalen Beispiel stand die Landeshauptstadt Kiel im Fokus. Leider konnte die Referentin Hannah Bahr krankheitsbedingt nicht an der Konferenz teilnehmen. Das Praxisbeispiel wurde in Vertretung von Thomas Schwab und Dr. Marco Schmidt (BNE-Kompetenzzentrum) vorgestellt. Es ging um die Kernfrage, wie sich BNE-Handlungsfelder in die Strukturen und Prozesse einer Kommune integrieren lassen. Dies erfolgte am Beispiel der strategischen Entwicklungen und konkreten Umsetzungen in Kiel.
Als Einstieg in die Session konnten die Teilnehmenden ihre eigene kommunale Situation reflektieren. Sie sollten Klebepunkte setzen, ob es beispielsweise BNE-Gremien bei ihnen gibt oder ob Bildungseinrichtungen in Hinblick auf BNE sensibilisiert werden. Dabei wurde deutlich, dass viele Teilnehmende Schwierigkeiten hatten, ihre Kommune eindeutig zu verorten.
Zunächst wurden die zentralen Aktivitäten der Landeshauptstadt Kiel vorgestellt, die in einem mehrjährigen, partizipativen Prozess erfolgt sind. Auch wurden die zentralen organisatorischen und strukturellen Bedingungen für die BNE-Arbeit in Kiel skizziert (u.a. BNE-Koordination, Runder Tisch BNE). Sehr wichtiger Meilenstein dieser Prozesse ist der BNE-Orientierungsrahmen für die Bildungslandschaft Kiel. Dieser dienst als fachlicher Bezugs- und Orientierungspunkt sowohl für die Stadtverwaltung als auch die Akteurinnen und Akteure in der Bildungslandschaft. Dieses Papier wurde durch die Ratsversammlung offiziell verabschiedet und gewährleistet eine gemeinsame inhaltliche Basis für die Zusammenarbeit in Fragen von BNE in Kiel. Hervorzuheben ist der partizipative Charakter des Prozesses, der sich über zwei Jahre erstreckte und durch verschiedene Veranstaltungsformate eine breite Beteiligung sicherstellte.
Ein Schlüsselmoment in der Diskussion war die Bedeutung eines gemeinsamen Verständnisses von BNE. Um nachhaltige Entwicklung in den Kommunen effektiv zu fördern, ist es wichtig, dass die Akteurinnen und Akteure sich auf ein gemeinsames Grundverständnis von BNE geeinigt haben. Dies ist wichtig, um zielgerichtet im Netzwerk innerhalb der Verwaltung sowie mit unterschiedlichen Akteur:innen der Bildungslandschaft an BNE-Maßnahmen zu arbeiten.
Ein Praxisbeispiel für die Umsetzung von BNE in Kiel wurde mit der Aktion “Wechselbüddel” vorgestellt. 54 Kitas beteiligten sich an dieser Initiative, bei der die Kinder anstelle von Plastiktüten einen nachhaltigen Beutel für Wäsche („Wechselbüddel“) erhielten. Dieses Projekt verfolgte das Ziel, die Kinder, die Eltern und das pädagogische Personal für nachhaltigen Ressourceneinsatz n und Abfallvermeidung zu sensibilisieren. Neben der Bereitstellung der „Wechselbüddel“ umfasste das Projekt begleitende Workshops für die Kinder und Fortbildungen für die Fachkräfte sowie Info-Material für die Eltern. Eine Auftaktveranstaltung, unter der Beteiligung der zuständigen Dezernentin, sorgte für die notwendige Aufmerksamkeit für das Projekt. Mit dem „Wechselbüddel“ wurde die Idee der Nachhaltigkeit auf praktische und anschauliche Weise in den Alltag der Kinder integriert. Außerdem wurde dadurch auch die Wertschätzung der Arbeit und die Bedeutung der Mitarbeiter:innen ausgedrückt.
Abschließend lässt sich feststellen, dass die Diskussion über die BNE-Handlungsfelder in Kiel wichtige Erkenntnisse über die Notwendigkeit einer klaren Strategie, einer breiten Beteiligung und einer intensiven Netzwerkarbeit für die erfolgreiche Integration von BNE in kommunale Strukturen geliefert hat.
Die BNE-Handlungsfelder in der kommunalen Praxis
- Der Blick in einen Landkreis - Jeanette Braun (Landkreis Lüneburg)

Im weiteren Praxisbeispiel fiel der Blick auf den Landkreis Lüneburg. Moderiert von Greta Wulfekötter (BNE-Kompetenzzentrum) und präsentiert von Jeanette Braun (BNE-Koordinatorin Landkreis Lüneburg), drehte sich die Diskussion um die Frage, wie die BNE-Handlungsfelder im Landkreis gestaltet und im laufenden Prozess sichtbar gemacht werden.
Die zentrale Erkenntnis aus dem Vortrag betraf die starke Präsenz der Handlungsfelder „Steuerung & Koordination“, „Netzwerke & Kooperation“ und „Sichtbarkeit & Kommunikation“. Diese Bereiche bilden die wesentlichen Tätigkeitsfelder der BNE-Koordinatorin und boten zugleich zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Teilnehmenden, die von Jeanette Brauns Erfahrungen profitieren konnten.
Steuerung & Koordination stellte sich als ein wesentlicher Faktor heraus, um die internen und externen Wahrnehmungen von BNE im Landkreis zu steigern. Jeanette Braun betonte, dass eine erfolgreiche Koordination nur durch die Einbindung vieler Akteurinnen und Akteure möglich sei. Ihre Aufgabe sei es, Vernetzungen zu fördern, Ideen anzustoßen und Raum für deren Entwicklung zu schaffen, ohne sich zu sehr in operative Tätigkeiten zu verstricken. Ein zentraler Punkt war hier die Realisierbarkeit von Projekten: Sie hob hervor, dass es entscheidend sei, Projekte zu planen, die tatsächlich umsetzbar sind.
Das Handlungsfeld Sichtbarkeit & Kommunikation war ebenfalls ein wiederkehrendes Thema. Jeanette Braun wies darauf hin, dass Kommunikation vor, während und nach Projekten integraler Bestandteil des BNE-Prozesses sein müsse. Sie ermutigte andere Akteurinnen und Akteure dazu, ihre Erfolge zu feiern und sichtbar zu machen. Ein Beispiel dafür sei die Nutzung von Social-Media-Kanälen, wie dem Instagram-Auftritt der Berufsbildenden Schulen (BBS) in Lüneburg. Braun unterstrich, dass BNE nur dann langfristig gesichert sei, wenn es aus der Mitte der Organisationen selbst getragen werde.
Ein weiteres zentrales Handlungsfeld war Netzwerke & Kooperationen. Braun hob die Bedeutung einer ressourcenorientierten Haltung hervor, bei der sie von den Erfahrungen und Kompetenzen anderer Fachdienste und externer Partner profitiere. Ihre Aufmerksamkeit in Gesprächen und die Fähigkeit, Chancen zur Kooperation zu erkennen, haben sich als besonders wertvoll erwiesen. Die Zusammenarbeit mit Hochschulen wie im Falle eines Forschungsprojekts mit der Leuphana Universität Lüneburg zeigte exemplarisch, wie solche Kooperationen nicht nur für BNE, sondern auch für die übergeordneten Ziele des Landkreises von Vorteil sind.
„Mein Ziel ist es, dass der Landkreis Lüneburg als zentrale Anlaufstelle und Netzwerkknoten für BNE wahrgenommen wird. Ein jeder - insbesondere Bildungsakteurinnen und -akteure, aber beispielsweise auch nachhaltig agierende Unternehmen - sollen wissen, dass sie sich an den LK wenden können, wenn sie im Bereich BNE aktiv sein wollen.“
Jeanette Braun, Landkreis Lüneburg
Ein weiterer Grundsatz, der sich durch den Vortrag zog, war die Bedeutung des Status „Modellkommune“ für den Landkreis Lüneburg. Diese Bezeichnung werde genutzt, um die Verantwortung und Verpflichtung des Landkreises gegenüber nachhaltiger Entwicklung zu verdeutlichen. Dies schaffe auch eine Vorbildfunktion gegenüber der lokalen Wirtschaft, die ebenfalls zunehmend mit Themen der Zukunftsgestaltung beschäftigt sei.
Die BNE-Handlungsfelder in der kommunalen Praxis
- Der Blick in eine kreisangehörige Gemeinde - Carola Felkl (Universitäts- und Hansestadt Greifswald)

Im dritten Beispiel aus der Praxis richtete sich der Blick auf die Universitäts- und Hansestadt Greifswald. Unter der Moderation von Korbinian Biller (BNE-Kompetenzzentrum) stellte Carola Felkl (Leiterin der Abteilung Schulverwaltung, Sportentwicklung und Jugend) die Struktur und Prozesse der BNE-Modellkommune Greifswald vor. Im Zentrum stand die Frage, wie die Handlungsfelder in der Stadt gestaltet werden und wie sich der Prozess der Umsetzung entwickelt hat.
Ein zentrales Ergebnis der Präsentation war, dass vor allem die Handlungsfelder „Strategie und Ziele“ sowie „Steuerung und Koordination“ von essenzieller Bedeutung für die erfolgreiche Verankerung von BNE in Greifswald sind. Diese Bereiche bildeten die Grundlage für die Umsetzung weiterer Handlungsfelder, wie „Kommunikation und Sichtbarkeit“ sowie „Kooperation und Netzwerke“.
Die Aufgabe der Verankerung von BNE in übergeordneten Leitlinien der Stadt („Strategie und Ziele“) konnte in Greifswald durch die aktive Unterstützung des Oberbürgermeisters schon in einem frühen Stadium angegangen werden. Seine Förderung und die Einbindung von BNE in die damals in Entwicklung befindliche Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt waren entscheidende Faktoren für die Etablierung von BNE als eines der vier zentralen Vorhaben in Greifswald.
Im Bereich der "Steuerung und Koordination" zeigte sich die Bedeutung klarer Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung und es wurden seit Beginn des Prozesses konkrete Ansprechpersonen für die Koordination innerhalb der Stadtverwaltung ernannt. Auch wenn im Laufe der Jahre ein Wechsel erfolgte, war es eine Stärke, dass die konkreten Zuständigkeiten immer wieder aufs Neue klar kommuniziert wurden und dadurch die Koordination ausreichend übernommen werden konnte. Aktuell liegt die Verantwortung bei der Leiterin des Schulverwaltungsamts. Die regelmäßig tagende Arbeitsgruppe BNE, bestehend aus etwa zehn festen Mitgliedern, ist ebenfalls ein zentraler Pfeiler des Prozesses. Diese AG erarbeitete ein gemeinsames BNE-Verständnis, klärt Erwartungen und Rollen und erstellt einen jährlich aktualisierten Umsetzungsplan. Zudem dient die AG als Plattform für den Austausch von Wissen über die jeweiligen Arbeitsstände und gemeinsame Kommunikationswege.
Auch die Sensibilisierung der Mitarbeitenden der Stadtverwaltung für BNE ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit in Greifswald. In Schulungen und Veranstaltungen wurden Themen wie die Agenda 2030, nachhaltige Beschaffung und die Organisation von nachhaltigen Veranstaltungen eingeführt.
Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist „Netzwerke und Kooperationen“. Hierbei spielt die AG BNE eine zentrale Rolle, indem sie neben der allgemeinen Koordination eine zusätzliche Ansprechperson für die Pflege von Netzwerken benannt hat und sich als Dienstleisterin für städtische Partner:innen versteht. Eine Auftaktveranstaltung trug zur Etablierung eines breiten BNE-Netzwerks bei, das regelmäßig durch den jährlichen Fachtag „BNE“ weiterentwickelt wird. Der Fachtag, der im „Foyer der Begegnung“ in der Stadtbibliothek stattfindet, bietet mit einem „Markt der Möglichkeiten“ und einem „Matchmaking“ zwischen Schulen und BNE-Einrichtungen eine Plattform für den Austausch und die Vernetzung. Zudem wurde ein Schulnetzwerk BNE initiiert, das von der Stadt und einer BNE-affinen Schule getragen wird.
„Sichtbarkeit und Kommunikation“ sind eng mit der Vernetzung verknüpft und stellen einen weiteren Schwerpunkt in der BNE-Arbeit Greifswalds dar. Die Stadt hat eine zentrale Website eingerichtet, die BNE-Themen gut zugänglich macht und eine Dokumentation wichtiger Informationen enthält. Besonders hervorzuheben ist das Format der „DemokraTische“, bei denen Vertreter:innen der AG im Stadtbild an Informationsständen über ihre BNE-Aktivitäten berichten. Weitere Instrumente zur Steigerung der Sichtbarkeit sind ein regelmäßig erscheinender Newsletter, der viele Informationen bündelt, und ein Familienkalender, der ebenfalls BNE-Themen integriert. Außerdem wurde eine BNE-Plattform mit dem Namen „Gutes in Vorpommern“ etabliert, die lokale Einrichtungen und Angebote auflistet. Mit dem Ende der Begleitung als BNE-Modellkommune im Juni 2025 werden die Verantwortlichen ihre Erfahrungen zusammentragen und schauen, wie die Strukturen in Zukunft gestaltet werden müssen, um weiterhin erfolgreich zu sein.
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