Foto einer Netzwerkveranstaltung

Von der Konzeption zur Umsetzung der BNE VISION 2030 in der Landeshauptstadt München

Ein Gespräch mit Asya Unger von der Fachstelle BNE der Landeshauptstadt München

Im November 2018 beschloss der Münchener Stadtrat die partizipative Erarbeitung einer BNE-Konzeption, um das langjährige Engagement der Landeshauptstadt im BNE-Bereich mit gezielten Maßnahmen in allen Bildungsbereichen strategisch auszurichten. Nach Abschluss des Konzeptionsprozesses und Vorstellung der Ergebnisse auf einem öffentlichen Fachtag im Sommer 2022 hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München (LHM) die BNE VISION 2030 im November 2022 befürwortet und erste Ressourcen für die Umsetzung beschlossen. Seither wurde dem Stadtrat jährlich ein Umsetzungsbericht vorgelegt. 2023 wurden zudem weitere Personalressourcen für den Bereich der non-formalen Kinder- und Jugendbildung bewilligt. 
Im Dezember 2021 haben wir in einem Praxisbeispiel den  Konzeptionsprozess der Münchner „BNE VISION 2030“ vorgestellt. Dazu wie es seitdem weiterging, hat uns Asya Unger von der Fachstelle BNE der Landeshauptstadt München einige Fragen beantwortet.

Image
Fotos Asya Unger

Asya Unger

Fachstelle BNE der Landeshauptstadt München

Sie haben den Konzeptionsprozess der BNE VISION 2030 abgeschlossen und befinden sich nun in der Umsetzungsphase. Um was geht es Ihnen im Kern bei der Umsetzung der BNE VISION 2030? 

Die BNE VISION 2030 umfasst knapp 350 Maßnahmen in 7 Bildungsbereichen und 4 übergreifen Themenfeldern. Die Maßnahmen zielen im Wesentlichen auf eine strukturelle, dauerhafte Verankerung von BNE in unterschiedlichen Bildungsbereichen ab. Dafür braucht es neben Ressourcen und Strukturen in der Verwaltung auch die Öffentlichkeitsarbeit, eine gute Vernetzung zwischen Bildungsakteur:innen und konkrete praktische BNE-Angebote in den Bildungseinrichtungen. Das Ganze soll bedarfsorientiert sein, daher überprüfen wir im Zuge der Umsetzung stetig die erarbeiteten Maßnahmen und passen sie gegebenenfalls an. 

Welche Veränderungen gab es bezüglich der Struktur und Koordination beider Prozessphasen? 

Während der Konzeptionsprozess von allen Beteiligten weitestgehend ohne zusätzliche Ressourcen gestemmt wurde, gibt es für die BNE in der Münchner Stadtverwaltung mittlerweile deutlich mehr personelle Ressourcen. Mit der BNE VISION 2030 hat der Stadtrat 2022 auch die Einrichtung einer Fachstelle BNE sowie mehrerer BNE-Koordinierungsstellen für unterschiedliche Bildungsbereiche bewilligt. Eine Besonderheit ist, dass die vier Kolleg:innen der Fachstelle BNE zum Teil im Referat für Bildung und Sport (RBS) und zum Teil im Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) arbeiten und zudem aus dem Büro des 2. Bürgermeisters unterstützt werden. Dies erleichtert die stadtweite Steuerung des Umsetzungsprozesses und den Kontakt zum Stadtrat. Für die Bildungsbereiche Frühkindliche Bildung, Schule, Berufliche Bildung, Non-formale Kinder-/Jugendbildung und Erwachsenenbildung gibt es außerdem weitere Kolleg:innen in der Stadtverwaltung (die sogenannten BNE-Koordinierungsstellen), die für die Umsetzung der Maßnahmen im jeweiligen Bildungsbereich zuständig sind. 

Um eine bildungsbereichsübergreifende Vernetzung sicherzustellen, findet ein regelmäßiger Austausch zwischen den Koordinierungsstellen statt. Strategische Fragen werden auch in der Begleitgruppe BNE diskutiert. Dieses beratende Gremium unterstützt die Fachstelle BNE bei der Umsetzung und Fortschreibung der BNE VISION 2030 und begleitet den Prozess konstruktiv. Mit der Begleitgruppe BNE wollen wir auch den bewährten referatsübergreifenden und partizipativen Ansatz aus der Konzeptionsphase fortführen, daher ist das Gremium neben Personen aus der Verwaltung auch mit Personen aus der organisierten Zivilgesellschaft und der Wissenschaft besetzt. Eine Beschreibung der Aufgaben und der Zusammensetzung der Begleitgruppe BNE haben wir auf unserer Webseite aufgelistet.

Mit welchen Ressourcen ist die Umsetzung der BNE VISION 2030 ausgestattet? 

Neben den bereits genannten personellen Ressourcen in der Verwaltung wurden Lehrerwochenstunden für BNE-Beauftragte an den städtischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen beschlossen. So sind zumindest in den städtischen Schulen auch für die Praxis vor Ort mehr Ressourcen für BNE-Projekte vorhanden.  
Insgesamt konnten so bislang 9,5 Stellen für BNE neu besetzt werden plus die Anrechnungsstunden für die Lehrkräfte, die insgesamt 5,3 Vollzeitstellen entsprechen. 

Die allgemeinbildenden Schulen haben außerdem die Möglichkeit, Mittel für BNE-Projekte zu beantragen; dafür stehen derzeit 50.000 € pro Schuljahr zur Verfügung. Für andere Bildungsbereiche gibt es ein solches Sachbudget leider noch nicht. 

Wir haben die Möglichkeit, ausgewählte BNE-Leitprojekte aus Mitteln des Referats für Klima- und Umweltschutz zu finanzieren und können so wichtige Erfahrungen sammeln und Impulse setzen – dazu zählen u.a. ein Leitprojekt „Strukturelle Verankerung von BNE in Kitas“ und ein Leitprojekt „Kompetenzstelle Whole Institution Approach“. Darüber hinaus werden weitere Projekte über das Zuschussprogramm des RKU (Referat für Klima- und Umweltschutz, Anm. d. Red.) finanziert. 

Insgesamt reichen die finanziellen Mittel aber nicht, um alle Maßnahmen wie geplant umzusetzen. Durch Kooperationen mit anderen Stellen, z.B. der Zero Waste Fachstelle der LHM, lassen sich dennoch immer wieder Vorhaben umsetzen. 

Was sind die zentralen Meilensteine und Erfolge, die Sie in den Jahren 2022, 2023 und 2024 feiern konnten? 

Einer der wichtigsten Meilensteine war der Beschluss des Stadtrats im November 2022, mit dem wir den Auftrag zur Umsetzung der BNE VISION 2030 erhalten haben und wichtige Ressourcen bewilligt wurden. 

Fachtagung 2023 “BNE VISION 2030: für alle, mit allen”

Außerdem waren die jährlichen BNE-Fachtage immer besondere Momente in den letzten Jahren. Hier konnten wir Fortschritte kommunizieren, uns Feedback von der Fachöffentlichkeit einholen, Impulse zu Schwerpunktthemen setzen und vor allem zur Vernetzung beitragen. Der letzte Fachtag im Herbst 2024 fand z. B. unter dem Titel „BNE und Demokratie – zusammen denken, gemeinsam gestalten“ statt. 

Großartig zu sehen ist, wie die unterschiedlichen Aktivitäten in den Schulen wirken. Das zeigt sich beispielsweise beim regen und konstruktiven Austausch über durchgeführte und geplante Projekte auf Vernetzungstreffen der BNE-Beauftragten der Schulen, die von den BNE-Koordinierungsstellen organisiert werden. Einige Schulen haben inzwischen einen eigenen Klimarat.

Ein weiteres Highlight waren 2023 die „Nationale Auszeichnung BNE 2023/2024“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und DUK und 2024 die Auszeichnung der BNE VISION 2030 mit dem URBACT Good-Practice-Label. Mit der Auszeichnung prämiert das EU-Förderprogramm URBACT nachahmenswerte lokale Initiativen aus ganz Europa, die zu einer lebenswerten, nachhaltigen und integrativen Stadt beitragen. Mit den Good Practices möchte die EU zum Wissenstransfer zwischen Städten anregen. Auch über den „Nationalen Preis – Bildung für nachhaltige Entwicklung 2025“ in der Kategorie Bildungslandschaften haben wir uns sehr gefreut. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wird vom BMBF und der Deutschen UNESCO-Kommission verliehen. 

Mit welchen Herausforderungen wurden Sie in letzten drei Jahren konfrontiert?  Welche Lösungen konnten Sie umsetzen oder auf den Weg bringen?  Wo hakt es noch? 

Die sicherlich größte Herausforderung ist, dass wir mit Blick auf die finanziellen Mittel keine langfristige Planungssicherheit haben und Gelder für die Umsetzung von Maßnahmen aus der BNE VISION 2030 zum Teil nicht genehmigt wurden. Wir sind – wie andere Bereiche, die hauptsächlich freiwillige Leistungen einer Kommune umsetzen – auf verlässliche politische Unterstützung angewiesen, um die Umsetzung der Maßnahmen gewährleisten zu können. Eine gute Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit helfen hier etwas. Auch wenn das bei der Arbeit an Strukturen nicht immer ganz einfach ist, versuchen wir, konkrete Erfolge anschaulich und verständlich darzustellen, worum es geht, z.B. mit unseren sog. Maßnahmensteckbriefen (Beispiel für den Bildungsbereich Berufliche Bildung) oder Leitprojektpostern

Was wird im Bereich Öffentlichkeitsarbeit getan? 

eine Actionfigur hält eine gedruckte Ausgabe der "BNE VISION 2030“

Die LHM hat eine zentrale BNE-Homepage, auf der allgemeine Infos zu BNE in München zu finden sind. Wir als Fachstelle BNE betreuen außerdem eine eigene Webseite zur BNE VISION 2030 mit Unterseiten für alle Bildungsbereiche. Zudem versenden wir alle zwei Monate den Newsletter „München lernt Nachhaltigkeit“, verleihen bei Bedarf verschiedene SDG-Materialien für Bildungszwecke und Veranstaltungen und haben den „Praxisleitfaden zur Kommunikation von BNE-Angeboten – klar & zielgruppengerecht kommunizieren“ herausgebracht.

Sehr hilfreich in Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit ist, dass BNE neben den Referaten auch beim Zweiten Bürgermeister Dominik Krause angesiedelt ist und dieser bei den Fachtagen präsent ist und für jeden Newsletter ein Vorwort verfasst.

Unser wichtigstes Projekt mit Blick auf Öffentlichkeitsarbeit ist der Aufbau einer digitalen BNE-Plattform. Die Plattform wird neben Infos zu BNE v.a. Angebote, Akteur:innen und Lernorte in München bündeln und soll zur besseren Auffindbarkeit und Vernetzung beitragen. Nach vielen organisatorischen und technischen Hürden hoffen wir, dass die Plattform spätestens Ende 2025 online geht.

Es ist großartig, was Sie schon alles auf den Weg gebracht haben. Wenn Sie in die Zukunft blicken, was wünschen Sie sich für BNE in München? 

Wir sind kurz davor, in Kooperation mit der Hochschule München und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München eine wissenschaftliche Evaluation des Umsetzungsprozesses zu starten. Hier erwarten wir uns wichtige Erkenntnisse über die Wirksamkeit des Prozesses, die dann z.B. in die für 2027 geplante Fortschreibung der BNE VISION 2030 einfließen sollen. Außerdem arbeiten wir im Rahmen des BMBF-geförderten Programms „Bildungskommune“ derzeit am Aufbau eines BNE-Monitorings, um unsere Arbeit künftig noch besser auf Daten stützen zu können. Und natürlich hoffen wir auch weiterhin auf politische Unterstützung, eine ausreichende Finanzierung und die weiterhin gute Zusammenarbeit mit der vielfältigen Bildungslandschaft in München.

Das Interview führte Dr. Angela Firmhofer.

| Angela Firmhofer
Weiterführende Artikel
Foto von Eva Kaufmann und Timo Ackermann

Digitalisierung und BNE miteinander verschränken – Weiterentwicklung der Bildungslandschaft im Rheinisch-Bergischen Kreis

Ein Gespräch mit Eva Kaufmann, pädagogische Mitarbeiterin im Regionalen Bildungsbüro, und Timo Ackermann, Koordinator des Netzwerks Medienbildung des Rheinisch-Bergischen Kreises.

Der Rheinisch-Bergische Kreis verfolgt einen integrierten Ansatz zur Implementierung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in die unterschiedlichen Bildungsbereiche der Bildungsregion. Zwei Mitarbeitende aus dem Amt für Bildung und Integration berichten im Gespräch, wie sie verschiedene Ziele beim Aufbau und der Weiterentwicklung der Bildungslandschaft miteinander verschränken.

Weiter­lesen