2021 gewann Kiel den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Großstädte. Der Preis war mit 30.000 Euro dotiert. Dieses Geld sollte für die Stärkung von BNE in Kiel verwendet werden und damit unter anderem für ein Projekt, das BNE greifbar machen und praxisorientiert sein sollte.
Dazu stimmten sich der Sachbereich Internationales und Nachhaltigkeit im Büro des Stadtpräsidenten mit anderen relevanten Fachstellen ab. In Zusammenarbeit mit Vertreterinnen des Amtes für Kinder- und Jugendeinrichtungen, des Bildungsmanagements und des Umweltschutzamtes war schnell die Idee geboren, Kitas dabei zu unterstützen, nachhaltige Einrichtungen zu werden. Im nächsten Schritt suchten die Verwaltungsvertreterinnen den Dialog mit Kita-Mitarbeiter:innen, um das Vorhaben zu konkretisieren. Der Weg zum Projekt Wechselbüddel war dann nicht mehr weit. Büddel ist der plattdeutsche Ausdruck für Beutel. Der Wechselbüddel in Kiel ist eine wiederverwendbare, waschbare, nachhaltig gefertigte Tasche, die Plastiktüten in den Kitas ersetzt.
Mit den Wechselbüddeln können die Kieler Kitas heute die praktische Vermeidung von Plastik im Alltag auf positive Weise vorleben und gleichzeitig für einen schonenden Umgang mit Ressourcen sensibilisieren.
Die Beschaffung des Wechselbüddels: kein leichtes Geschäft
So schnell die Idee für einen Wechselbüddel geboren war, so schwierig war dessen Beschaffung. Auch nach einer intensiven Marktrecherche konnte kein Beutel gefunden werden, der alle geforderten Nachhaltigkeitskriterien (zum Beispiel zum Material und zum Herstellungsland) erfüllte. Die Lösung tat sich dann mit einem kleinen Kieler Start-up auf, das wiederverwendbare Beutel für den umweltfreundlichen Gemüsekauf anbot. Diese Beutel konnten in Qualität und Fertigung an die Bedürfnisse der Kieler Kitas angepasst und so zu den Wechselbüddeln umfunktioniert werden. Diese sind damit nicht nur wasserdicht und waschbar, sondern auch in Deutschland gefertigt und das Material ist öko-zertifiziert. Auch die Bedruckung mit einem eigens entworfenen Design erfolgte in Deutschland. Das Design sorgt für eine hohe Wiedererkennbarkeit und gewährleistet, dass die Beutel einfach als Eigentum der Kitas auszumachen sind. Insgesamt dauerte der Auswahl- und Beschaffungsprozess rund neun Monate. Doch das Ergebnis war den Aufwand wert: ein Beutel, der auch hohe Ansprüche im Hinblick auf Nachhaltigkeit erfüllt.

Der Projektstart: Wechselbüddel-Pilotphase in fünf Kieler Kitas
Im Januar 2023 nahmen fast 50 pädagogische Fachkräfte aus städtischen Kindertageseinrichtungen an der offiziellen Auftaktveranstaltung zum Start des Wechselbüddel-Verleihsystems teil. Die Vertreter:innen aus den fünf städtischen Pilot-Kitas nahmen in diesem Rahmen die ersten Wechselbüddel für ihre Kitas entgegen, um das für die Eltern kostenlose Verleihsystem in ihren Einrichtungen zu testen. Ab sofort wurde nasse Wäsche nicht mehr in eine Plastiktüte, sondern von den pädagogischen Fachkräften in einen der wasserdichten Beutel verpackt und dieser dann in das Fach des Kindes gelegt. Die Eltern nehmen den Beutel mit der Wäsche mit nach Hause und säubern ihn dort nach dem Entleeren. Anschließend bringen sie ihn wieder in die Kita und der Wechselbüddel ist bereit für die nächste Runde. So bleiben die Beutel im Umlauf und es wird nicht für jede Familie ein eigenes Exemplar gebraucht. Stattdessen gehören die Büddel den Kitas und werden den Eltern nur vorübergehend geliehen.
Eine Gebrauchsanleitung als Plakat und Kurzvideo erläutert den Eltern den sachgerechten Umgang mit dem Beutel. Sowohl Plakat als auch Video setzen vor allem auf Bilder und Grafiken – potenzielle Sprachbarrieren werden damit weitestgehend umgangen.

Der Wechselbüddel schafft Anlässe für Gespräche und Bildungselemente
Die Einführung des Verleihsystems wurde von verschiedenen Bildungselementen für das pädagogische Fachpersonal, für die Eltern und die Kinder flankiert:
In der Auftaktveranstaltung thematisierte ein Vortrag „Zero Waste“ und das Kita-Fachpersonal konnte sich in Workshops einrichtungsübergreifend austauschen und Ideen sammeln, wie mehr Nachhaltigkeit in Kitas etabliert werden kann.
Die pädagogischen Fachkräfte lobten bei einer Umfrage/Evaluation die Bildungsangebote. Im Rückblick gehörten die Bildungsangebote zu den Faktoren, die maßgeblich zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.
Fachlich gut vorbereitet konnten die Mitarbeiter:innen im Kita-Alltag die Wechselbüddel nicht nur in die pädagogische Arbeit mit den Kindern einbeziehen, sondern auch mit den Eltern über nachhaltige Entwicklung ins Gespräch kommen, das Thema auf Elternabenden einbringen und so gezielt Anregungen geben. Für die Kinder gab es außerdem eigene Workshop-Angebote, die zwei externe Referent:innen durchführten.
Nach Ende der Pilotphase erfolgt Ausweitung des Projektes
Die Kitas sammelten in der Pilotphase vielfältige Erfahrungen: Die Taschen hielten dicht und waren leicht waschbar; die Eltern brachten sie zuverlässig zurück; die Sensibilität für das Thema Ressourcenschonung stieg und übertrug sich auf andere Bereiche. Dies war Anlass genug, weiteren Kieler Kitas den Einstieg in das Wechselbüddel-Verleihsystem zu ermöglichen. Über 50 Einrichtungen – sowohl städtische Kitas als auch Kitas in freier Trägerschaft – bewarben sich 2023 um eine Teilnahme und konnten mit den Beuteln versorgt werden. Das pädagogische Fachpersonal dieser neuen Kitas konnte ebenfalls an Fortbildungen teilnehmen und Workshops für die Kinder buchen.
Resümee: Projekt setzt wirksame BNE-Impulse
Im Jahr 2024 wird das Projekt nicht weiter ausgeweitet. Der Grund: Die Mittel aus dem Preisgeld sind aufgebraucht. Allerdings führen die Kitas, die bereits Büddel bekommen haben, das Verleihsystem weiter. Nur nachkaufen können sie die Büddel nicht – sie sind nicht in kleinen Stückzahlen beziehbar. Einzelne Kitas behelfen sich inzwischen, indem sie zusammen mit den Eltern Beutel selbst nähen.
Der Impuls für mehr Nachhaltigkeit hat auf jeden Fall gefruchtet: Das Projekt setzte wirksame BNE-Impulse in der städtischen Bildungslandschaft und trägt bis heute maßgeblich zur Erreichung der Kieler Zero-Waste-Ziele bei. Darüber hinaus haben sich drei Kitas neue Nachhaltigkeitsprojekte überlegt und bei einem separaten Fördertopf Gelder beantragt.
Kontakt
Hannah Bahr
Projektkoordinatorin Bildung für nachhaltige Entwicklung
E-Mail: hannah.bahr@kiel.de
Telefon: 0431 901-2506
Landeshauptstadt Kiel
Büro der Stadtpräsidentin
Internationales und Nachhaltigkeit
Fleethörn 9, 24103 Kiel
