das fiktive Lernstedt, eine Kommune ganz im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwickung

Was ist eine (BNE-)Bildungslandschaft?

Grundbegriffe kurz erklärt:
Darüber was unter einer kommunalen Bildungslandschaft zu verstehen ist, gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen. Was heißt das und was bedeutet es für das Thema BNE?

Der Begriff der kommunalen Bildungslandschaft ist in den wissenschaftlichen und fachpolitischen Diskursen ein weitverbreiteter Terminus. Dabei lässt sich feststellen, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen gibt, was unter einer kommunalen Bildungslandschaft zu verstehen ist. Dennoch lässt sich ein gemeinsamer Kern identifizieren. Ausgangspunkt fast aller Verständnisse einer kommunalen Bildungslandschaft ist ein erweiterter Bildungsbegriff (BMFSFJ 2005).

Ausgangspunkt: Ein erweiterter Bildungsbegriff

Bildung in diesem modernen Verständnis ist ein individueller Prozess der Aneignung, der nicht an formale Bildungsinstitutionen (wie z.B. die Schule) und an bestimmte Lebensphasen gebunden ist. Bildung geschieht an unterschiedlichen Orten und lebenslang.  Auf diesen Aspekt verweist die mittlerweile in den meisten Bildungsberichten verwendete Differenzierung von formalen, non-formalen und informellen Bildungs- und Lernaktivitäten (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020).

Lernformen

 

Formales Lernen/Formale Bildung

Formalisiertes Lernen findet in Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen nach gegebenen (Aus-) Bildungsplänen statt und führt zu formalen Qualifikationen und formalen Bildungsabschlüssen.

Nichtformales Lernen/Nichtformale Bildung

Nichtformales Lernen findet außerhalb des formalen Systems statt, ist aber vom Lernenden und Lehrenden als Bildungsprozess geplant. Unter Umständen werden Zertifikate vergeben.

Informelles Lernen/Informelle Bildung

Informelles Lernen findet als Begleiterscheinung von Aktivitäten des täglichen Lebens statt. Der Lernprozess bzw. Bildungsprozess muss dem Lernenden nicht bewusst sein, kann aber auch beabsichtigt sein.

(Holzbaur 2020, S. 346)

Landschaft vorhandener Lernorte vs. Bildungslandschaft als Zielvorstellung

An diesem Punkt gehen aber nun die Vorstellungen, was unter einer Bildungslandschaft zu verstehen ist auseinander. In einem offenen Verständnis sind kommunale Bildungslandschaften immer schon vorhanden und bestehen aus den unterschiedlichen eben beschriebenen Bildungsorten. Auf der anderen Seite wird unter kommunalen Bildungslandschaften eine Zielvorstellung gefasst, die es erst herzustellen gilt. In diesem zweiten Verständnis wird davon ausgegangen, dass sich Bildungschancen von Menschen verbessern lassen, wenn die lokalen Akteur:innen von Bildung strukturiert zusammenarbeiten und sich abstimmen. Damit sind nicht nur die konkreten Anbieter:innen von Bildungsangeboten gemeint, sondern auch die  Organisationen und Institutionen, welche indirekt beteiligt sind (z.B. Stiftungen, Kammern, Jobcenter, Dezernate usw.).

Diese Überzeugung liegt auch der häufig verwendeten Definition von Bleckmann und Durdel zugrunde. Nach ihnen sind  kommunale Bildungslandschaften „langfristige, professionell gestaltete, auf gemeinsames, planvolles Handeln abzielende, kommunalpolitisch gewollte Netzwerke zum Thema Bildung, die – ausgehend von der Perspektive des lernenden Subjekts – formale Bildungsorte und informelle Lernwelten umfassen und sich auf einen definierten lokalen Raum beziehen“ (Bleckmann/Durdel 2009, S. 12).

BNE-Bildungslandschaften

Bezieht man diese Überlegungen auf die Thematik einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, ergeben sich folgende Merkmale:

  1. Ziel ist es, allen Menschen in einer Kommune BNE-Bildungsgelegenheiten anzubieten (vgl. Was charakterisiert ein BNE-Bildungsangebot?).
     
  2. Da dies von keiner einzelnen Organisation bzw. Institution geleistet werden kann, bedarf es der Zusammenarbeit aller an Bildung Beteiligter hinsichtlich dieses Ziels.
     
  3. Damit die Zusammenarbeit gelingen und auf Dauer sichergestellt werden kann, werden wiederum Strukturen und Handlungsroutinen benötigt, die ein gemeinsames und planvolles Handeln ermöglichen.

Erst wenn dies erreicht ist, kann von einer BNE-Bildungslandschaft gesprochen werden.

BNE-Bildungslandschaft als Entwicklungsziel

Natürlich muss berücksichtigt werden, dass dies ein Entwicklungsziel darstellt, welches sich nur schwer kurzfristig umsetzen lässt. Auch muss berücksichtigt werden, dass das Wie der Umsetzung in jeder Kommune neu erarbeitet werden muss. Die Ausgangslagen in Kommunen sind sehr unterschiedlich. Dies betrifft die Ebene des strukturellen Rahmens (z.B. Finanzen, demografische Entwicklung, usw.) ebenso wie die bereits vorhandenen bzw. nichtvorhandenen BNE-Strukturen und BNE-Maßnahmen. Auch unterscheiden sich Kommunen hinsichtlich der vorhandenen Akteur:innen und deren Möglichkeiten und Bereitschaft an der Entwicklung einer BNE-Bildungslandschaft mitzuwirken. Aus diesen Gründen sind auch die möglichen Wege hin zu einer Struktur, welche allen Menschen in einer Kommune Bildungsangebote im Bereich BNE dauerhaft ermöglicht, höchst verschieden. 

Autor

Image
Dr. Jörg Eulenberger

Dr. Jörg Eulenberger

Projektleitung & Verbundkoordination
Standort Nord-Ost
+49 345 68178-100
eulenberger@dji.de
Kontakt aufnehmen

Literatur

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020): Bildung in Deutschland 2020: Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Bielefeld

Bleckmann, Peter/ Durdel, Anja (2009): Einführung: Lokale Bildungslandschaften – die zweifache Öffnung. In: Bleckmann, Peter/ Durdel, Anja (Hrsg.): Lokale Bildungslandschaften: Perspektiven für Ganztagsschulen und Kommunen. Wiesbaden, S. 11-16

BMFSFJ (2005): Zwölfter Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Berlin

Holzbaur, Ulrich (2020): Nachhaltige Entwicklung. Der Weg in eine lebenswerte Zukunft. Wiesbaden

 

| Dr. Jörg Eulenberger
Weiterführende Artikel